Kandidatus
Wenn der Peer nen Vortrag hält
ist das nicht von dieser Welt.
Nordisch sexy, bleckend kühl,
redet er mit viel Gefühl
über alles, was er weiß,
rundherum im Jahreskreis.
In den Sälen dann und wann
hält die Welt den Atmen an.
Was der Peer aufs Podium leert
ist schon Zwanzigtausend wert:
Inflation und Deflation,
Steuern, Märkte, Sensation,
Schachrochaden, Fahrrad fahren,
Bankgeheimnis, Sack enthaaren,
Bänkern frischen Koks reinbringen,
Kanzlerin am Stück verschlingen,
Geldverschwindilassibuss,
Liechtenstein und Schweiz zum Schluss.
Stets ist Jubel zu vernehmen
nach den heißen Eisen-Themen,
die der große Kandidat
da so auf der Pfanne hat.
Lächelnd klatschen dann die Banker,
lächelnd zeigt sich Peer als Danker.
Und am Abend vorm Kamin
gibt er sich den Gönnern hin.
Denn in seinen Taschen lacht,
was den Peer sehr glücklich macht.
Hat er doch seit grade eben
wieder einmal nicht den Neben-
sondern seinen Haupt-Verdienst
hochgeschraubt, beinah alpinst.
SPD die Kante zeigen?
Beinfrei ihren Ruf vergeigen?
Wie wird man zum Millionär?
All das weiß der große Peer!
Uns erscheint es wie Gelaber,
was er macht. Er selber aber
weiß, es dient dem Zweck allein:
Bald schon wird er Kanzler sein.
Als Volkstribun, sehr wild und derbst,
von Ouagadougou, nächsten Herbst.