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Rumms
Das Knallen übte immer schon
auf Ludwig einen Zauber aus.
Die Böllerillumination
war stets ihm höchster Seelenschmaus.
Schon früh hat er die Welt traktiert
und Feuerwerk sich selbst gemacht,
hat jeden Hamster explodiert
und Nachbars Katzen weggekracht.
Nie war man je vor Ludwig sicher.
Er steckte Knaller in Kapuzen,
verbrannte Freunde mit Gekicher
und lernte Sanitäter duzen.
Doch reicht ihm nicht mehr Chinaböller,
es lockt nicht mehr Kanonenschlag.
Er braucht es lauter jetzt und döller:
ein Donner wie zum Jüngsten Tag.
So bastelt er im Jahreslauf
im Keller heimlich voller Glück,
türmt Knallfrosch, Zünder, Pulver auf
und baut sich so sein Meisterstück.
Nun zu Silvester soll das bunte
und laute Oeuvre aus der Flasche.
Er schwört beim Zündeln an der Lunte
sich selbst: „Lux fiat – oder Asche!“
Gesagt, getan. Ein Knall, ein Schrei.
Schon fehlt ihm seine linke Hand.
Erst fliegt ein Ohr an ihm vorbei,
dann ist das Haupthaar weggebrannt.
Auch steht die Hose hell in Flammen,
jäh platzt sein rechtes Trommelfell.
Gesicht und Haupt voll Blut und Schrammen.
Rabatz wird laut. Das Licht wird hell.
Dann schießt er neben Leuchtraketen
hoch in den Himmel und vollstreckt
inmitten aller acht Planeten
sich selbst als Glitzerknalleffekt.
Die Arme fehlen seit dem Rumms,
die Beine auch. Doch ohne Fehl
illuminiert er – Zosch! und Bumms! –
die Nacht mit tausend Dezibel.
Dann ist es still. Ein neues Jahr.
Als Rumpf saust er zur Erde nieder
und denkt sich: Ach, wie wunderbar,
gleich seh ich die Familie wieder!
Er weiß sich, als der Kracher Zierde,
noch während er im freien Fall ist,
endlich am Ziel seiner Begierde:
Die Welt ist alles, was der Knall ist.
Im Schatten der Rabatten
Zwischendentagen
Morgens ist der Kopf mir schwer
Mittags ist das Hirn mir leer
Abends tut der Schädel weh
Wenn ich auf den Morgen seh
Unterm Pflaster liegt das Pflaster
Für ein hier nicht anwesendes Bild
wer hat die häuser da geparkt?
wes auto ist das dort am rand?
wer bläut so herzhaft arrogant
den himmel, wenn es grad erst tagt?
von wem wohl diese farben stammen?
wer hat die birken da gemacht,
die morgens schon um kurz vor acht
so himmelschreiend gelb entflammen?
wer kann denn darauf antwort sagen?
wer gibt mir sinn im lebenslauf?
wer knotet mir die rätsel auf?
muss ich mich alles selber fragen?
In the Heat of the Night
Cool und progressiv
Du Ingenieur mit starker Hand,
verkonstruierst das ganze Land.
Du betonierst die halbe Welt
und kriegst dafür ein feines Geld.
Du Lehrerin, du lehrst und stehst
vorm Kind, bis du zugrunde gehst
und outburnst – lang, bevor du alt.
Dafür beziehst du ein Gehalt.
Du Müllmann, kannst bloß Dreck und Krach
und taugst zu gar nichts. Aber ach!
Du erntest weder Spott noch Hohn,
stattdessen regelmäßig Lohn.
Du Fachmann für das Internet,
du programmierst dich rund und fett.
Zwar hast du nie Geschlechtsverkehr,
doch kriegst du ausreichend Salär.
So gut! – Doch ihr Gesellschaftsmitte
habt trotzdem unverschämte Bitte:
Ihr müsst in eurem kleinen Leben,
stets nach der Lohnerhöhung streben.
Nun, da komm ich ins Spiel. In Ehren
will ich euch Menschen Demut lehren.
Ganz kühl und ohne Tempratur
bring ich die Habgier in die Spur
und schaff auf Girokonten Raum.
Den feuchten Lohnerhöhungstraum
frier ich auf minus tausend Grad.
Das Kürzen ist mir Lieblingstat.
Ich bin Finanzamts Aphrodite,
der klamme Schrecken der Elite.
Der Schnitt ist meine Obsession:
Ich bin die kalte Progression.
Eigentlich hatte er einen Schwan falten wollen, aber was dann passierte, hatte er sich so nicht vorgestellt.
Für ein hier nicht anwesendes Bild
Beim Schubertkonzert 02
Wenn Schubert ruft, sind alle da.
Die Pfeifen stehen stramm im Strumpf.
Noch räuspert man im Raum sich dumpf
und nestelt an der Kamera.
Dort oben, hoch im Orgelsumpf
erhofft man Glanz und Gloria.
Die Sänger denken “Trallala!”
die Sängerinnen denken „Umpf!”
Die Kirche ist recht gut gefüllt.
Gleich gilt es: Schubert, ungekürzt!
Dann wird, was lang geprobt, enthüllt.
Die Lippen sind schon warmgeschürzt.
Zum Test der Basso Löwe: brüllt!
Vor Angst Sopran 2 Taube: stürzt!