Aus den Gedanken des Frühaufgestandenen

Immer wieder vergess ich
wer alles schon wach ist
frühmorgens um sieben –
und frisch schon gewaschen.

Ich selbst noch ganz tranig
wie Wodka mit Grashalm
und halb nur im Leben –
ein Stock ohne Hut.

Die Frau dort im Kiosk
verkauft mir den FOCUS
anstelle des SPIEGEL.
„3 EURO.“ „Hier.“ „Danke!“

„Nein, bitte: nicht rollen –
Den SPIEGEL!! Nicht FOCUS!!!!
Den will ich nicht haben.“
„Verzeihung.“ „… schon gut.“

(Schnelle Gedanken brauchen rhythmischen Vortrag. Gerne mit ein bißchen Atemnot. Variante: So wie Robert Gernhard es vorgetragen hätte)

Klar! So! Sicher!

Klar! Jetzt schaff ichs wenns gut geht höchstens noch ein oder zweimal durch die Stadt. Am Tag. Ein oder zweimal. Durch die Stadt. Am Tag. Mit diesem Scheißding. Seit einem halben Jahr hab ich jetzt das Scheißding. Ein echtes Scheißding. Früher hab ich so ein Scheißding nicht gebraucht. Letztes Jahr hab ich noch keins gebraucht. Die anderen ja. Die anderen haben schon lange so ein Scheißding gebraucht. Ich nicht. Jetzt brauch ichs aber. Jetzt bin ich froh, dass ich das Scheißding habe. Hab ja ein paar Wochen auch nur im Bett gelegen. Konnte ja kaum selber stehen danach die ersten Tage. So ein Scheißdreck. Und jetzt haben sie mir das Scheißding gegeben. Der Kleine, der Blonde, der kam eines Tages mit dem Scheißding rein und hat gesagt: So! hat er gesagt: Da isses! hat er gesagt. Da hab ich aber erstmal gelacht und gesagt: Da kannst Du gleich wieder mit abziehen, mit dem Scheißding! hab ich gesagt. Ich fass das nicht an! hab ich gesagt. Das kannste mal glauben! Und er hats einfach stehen lassen mitten im Raum und ist gegangen, der Blonde, der Kleine.

So! Das Arschloch kann ich jetzt auch wieder mitnehmen. Ging ja zuletzt gar nicht mehr. Hat ja so gezogen der Arsch, einmal bin ich gefallen wegen dem. Konnte mich nicht mehr abstützen. Bin gefallen, weil der so gezogen hat der Arsch an seiner Leine. Zwölf Jahre hab ich den jetzt schon. Aber da hat der so gezogen, dass ich gefallen bin. Lag ich da. Und der hat noch immer weiter gezogen und ist dann stehengeblieben. Hat sich rumgedreht zu mir und mir aus seinen kleinen Arschlochaugen zugesehen, wie ich da lag im Dreck und im Regen und alles. Alles war dreckig. Und hin: Loch in der Hose und Dreck und alles und die Nase war blutig. Bis ich wieder stand, hat es gedauert und dann lag ich so lange im Bett. Und jetzt das Scheißding. Da bind ich mir das Arschloch dran und dann kann mir nix mehr passieren, wenn ich rausgeh jetzt. Kann ich ja wieder jetzt, auch bei Regen und Dreck und alles kann ich jetzt wieder rausgehen mit dem Arschloch bei Regen und Dreck und der kann dann ruhig ziehen, ich fall nicht mehr um. Ich stütz mich jetzt einfach auf das Scheißding und stehe wie ne Eins mit meinen vierundneunzig. Oder ich zieh ihn zurück, den kleinen Arsch. Wenn er sich rumdreht oder wenn er stehenbleibt oder wenn er in die falsche Richtung abbiegt, zieh ich einfach an der Leine. Wenn der sich zum Scheißen hinsetzt oder wo schnüffelt, dann zieh ich einfach. An der Leine. An seinem kleinen Hals. Ich lass mir das jetzt nicht mehr gefallen. Ich denk jetzt immer, wie ich da lag und in seine kleinen Arschlochaugen geguckt habe und meine Beine taten so weh da auf dem Boden im Regen im Dreck und alles in der Pfütze. Und der Arsch bleibt einfach stehen. Der Arsch. Mit gespannter Leine. Setzt sich nicht mal hin oder so oder bellt oder was. Dreht sich um und glotzt. Wenn die Tierärztin nicht so ne Nette wär, dann hätt ich den schon wegmachen lassen, den alten Arsch. Aber die hat gesagt: Den lassen sie man noch n paar Jährchen am Leben! hat die gesagt. Den mögen Sie doch so gerne! Und der braucht Sie doch auch! hat sie gesagt. Einen Scheißdreck braucht der, der alte Arsch, aber das kann die ja nicht wissen. Aber übers Herz hab ichs nicht gebracht, wie der mich so angesehen hat und jetzt bind ich ihn an das Scheißding und dann gehts ja auch und die nächste Zeit bin ich stärker als der, das wolln wir doch mal sehen.

Sicher! Kann mir einer sagen, was er will, der Arsch spürt immer schon, wies mir geht. Oft spürt der das schon, bevor ich was merke. Oder wenns regnet. Dann weiß der das immer schon und ich denke: Der Arsch guckt wieder so komisch, das wird doch wohl nicht regnen, und dann mach ich den Vorhang zur Seite, das ist anstrengend jetzt schon, und dann schau ich in den Regen. Und dann schau ich zu dem kleinen Arsch, aber der ist schon wieder ganz woanders, eingedreht in seine Leine oder er steckt mit dem Kopf im Hausschuh, der Arsch. Manchmal steckt er den halben Tag da drin mit seinem Kopf. Steckt da drin und kommt nur raus, wenn der Kleine mit dem Futter kommt, der Blonde. Den mag der Arsch. Wegen dem Futter, klar. Kann ich ja auch nicht mehr selber jetzt. Kostet zuviel Kraft, die Dose und der ganze Scheiß. Die Kraft ist nicht mehr da in den Handen, schon seit Jahren. Kann nicht mehr richtig zugreifen. Früher, da konnte ich zugreifen. Ein Griff und alles saß. Das war klar. Immer alles klar war das, früher. Heute krieg ich keine Dose mehr auf und kein Schuhband mehr geschnürt. Muß der Kleine auch machen jetzt. Der Blonde. Der ist jetzt seit einem Jahr da und macht das alles ganz gut. Hat sich sofort mit dem Arsch angefreundet. Klar, wegen dem Futter. Der sieht ja nicht mehr so gut. Hatte noch nie gute Augen aber immer treu und starr und so glänzend und nass. Aber gesehen hat der nie was. Deswegen läuft der auch immer so komische Wege und verheddert sich. Ist schonmal ne Treppe runtergefallen. Die Kirchentreppe. Ist nur nicht ganz runtergefallen weil ich ihn an der Leine hatte. Da konnt ich ihn noch halten. Hab ihn zurückgezogen. Damit er nicht ganz runterfällt die Treppe. Der Arsch.

Beim Juwelier

Dein Körper ist ein Edelstein,
Dein Nabel ein Smaragd.
Wer will da angezogen sein?
Ich mach mich schonmal nackt.

Denn ich bin auch ein Diamant,
Smaragd, Bernstein, Rubin.
Und Edelstein und Edelstein
Ziehts zueinander hin.

So reise ich als Werttransport
Von sehr sehr hohem Wert
Zu Dir in Deinen Lieblingsort
Wo sich mein Wert vermehrt.

Denn: Ein Karat plus einer mehr
Ist mehr als eins plus eins.
Ich bin Dein Schmuckstück, bitte sehr!
Und Du sei bitte meins.

Na also

Da stimmt doch was nicht, sagte ich zur Verkäuferin, die mir das Wechselgeld gab. Stimmt, da stimmt doch was nicht, sagte auch die Verkäuferin. Gemeinsam suchten wir den Fehler und entdeckten dabei zufällig das Typenschild der Registrierkasse. Es handelte sich um eine Maschine der Firma MOGLER-Kassen. Na also, dann stimmt’s ja doch.

Immer wieder freitags

Eine Frau stoplert über ihren Hund.

Die Feuerwehr macht eine Probefahrt durch die aufgebauten Karussels und Verkaufsbuden.

Die Eiscafebedienung erhält einen Anruf und beginnt nach dem „Hallo“ in den mit schiefgelegtem Kopf gehaltenen Hörer zu lächeln, zähnebleckend.

Ein Kind drückt die Nase ans Fenster und lächelt wie blöd.

Ein Mann spricht leise vor sich hin, dreht sich im kalten Schatten um sich selbst.

Eine Frau mit struppigem Haar geht in der Tür einer schmucklosen Boutique verloren.

Ein Mann verschwendet Jahre seines Säuferlebens vor dem Fahrkartenautomaten, unfähig zu verstehen, wieso der mir antwortet, aber nicht ihm.

Sechs Frauen gackern: was Frauen halt so gackern, wenn sie angetrunken ins All-inclusive-Wochenende propellern.

Ein müder Mann steigt aus der Lok, schlurft zum Telefon und schleicht zurück ins Führerhaus.

Zwei Männer, gelbbewestet, rauchen in der Sonne, beaufsichtigen eine Baustelle auf der nichts geschieht, geben ungelenke Antworten, telefonieren.

Ein Mädchen, dünn und unausgeschlafen, möchte sich umbringen und sitzt nun vor der Liste mit Namen der Leute, denen sie noch etwas mitteilen möchte und bleibt schon beim ersten Namen hängen, da kommt sie nicht weiter, das wird wieder nichts diesmal und sie weint.

Eine schöne Frau nach der anderen. Eine jede mit Glitzerstaub auf den Schultern auf der Jacke auf dem Mantel dem Haar.

Der Mann im Himmel ruft „Schlier, schlier, schlier!“ und gießt sein Aquarellbecherchen aus.