Aus den Reisetagebüchern

Fish and Chips sind kleine Läuse, die die Magenwand bewohnen wollen – für immer. Die Zeitung, in der sie gereicht wurden, verheißt nichts Gutes. Weiter nach Island? Wärmere Gefilde? Hmmm. Kommt Zeit, kommt Fahrt.

Briefträger will ich hier aber auch nicht sein: Ein Postschiff Richtung Bergen. Treibendes Eis, treibendes Schiff, treibendes Treiben. Wer will hier oben überhaupt Briefe lesen? Das Licht geht nicht aus und man kriegt kein Auge zu.

Kaffee mit dem Käptn. Er gesteht, dass er sich bei der Navigation vertan hat. Daher also die grünen Wiesen und Schafe an der Küstenlinie, wo eigentlich Rentiere und Robben rumlungern sollten. Nun, kann man nix machen, sagt der alte Seebär, schmökt an seinem Alabasterprfeifchen und ruft über die Brücke: Scharf Backbord, hab ich doch gesagt, du Luder, Alter!

Vorraussichtlich landet das Flugeug in Helsinki? Schön, dass man das auch mal erfährt! Ich öffne noch ein weiteres Fläschchen des umsonst angebotenen finnischen Wodkas und proste den beiden Japanerinnen zu, die mir mit ihrer schlimmen Zahnsituation schon seit dem Start verschämt zulächeln.

Die Japanerinnen haben sich verabschiedet – hoffentlich in eine Zahnklinik. Es ist schon Morgen, ich bin fast allein in der Bar des T.W.Adorno-Airport Helsinki hängen geblieben. Auch kein Zuckerschlecken. In Eis ist hier am Rollfeld das Adorno-Zitat eingeschlagen: »Okkultismus ist die Metaphysik der dummen Kerle«. Ach ja, Theodor, der alte Finne. Höllekün köllekün!

Rückert würde sagen: Ich bin der Welt abhanden gekommen. Und Mahler wüßte auch schon gleich ne Melodie dazu … Gestrandet in der finnischen Hauptstadt tröste ich mich mit der langhaarigen Übersetzerin: Gemeinsam Taxi gefahren, Stuben voller Alkoholiker besucht, Wodka in 100-Gramm-Portionen gekauft und getrunken. Der nächste Schlitten Richtung Petersburg geht morgen. Hoffentlich.

Die Hunde sind gesattelt, der Schlitten ist geschmiert. Auf geht’s nach Dostojewskihausen.

Am Schlittenparkplatz wartet R. R. Raskolnikow auf mich. In der Hand immer noch die Axt, dieser unverbesserliche Schlingel. Tz tz tz tz … Wir gehen erstmal etwas durch die Stadt, er zeigt mir zwei der drei wichtigen Sehenswürdigkeiten. St. Leningrad ist kalt, sehr kalt, mein eben erst von hübschen Frauen gelerntes Finnisch nutzt mir hier gar nichts. Schade eigentlich.

Drei Tage in der »Linguistischen Klinik« Wuppertal sind auch kein Zuckerschlecken. Ich war am akuten Gerundiv erkrankt und musste mich einer Art Rosskur mit hochpräsenten Partizipien unterziehen. Brrrrrr. Jetzt gehts’s aber wieder, ich kann schon wieder nach Schreibmaschinen fragen und den Fortgang der Reise planen. Ahoi, Kameraden!

»Radevormwald« ist auch bloß so ein Wort. Bin direkt weitergefahren. »Hameln« und »Winterberg« links liegen gelassen. Lediglich »Züschen« und »Weinheim a.d. Weinstraße« konnten kurz begeistern. Das Motorrad rollt durch 20 cm Horrorschnee, die Sonne blendet frontal von vorn – dass dagegen noch niemand was erfunden hat. »Merkel nennt es Krieg«, titelt die FASZ. Na, dann …

Variationen vom Poesiealbum an geöltem Du und Dir

Ich bin nicht mehr allein.
Was meins war, ist jetzt Dein:
Mein Haar, mein Bauch, mein Schuh,
Das geb ich Deinem Du.

Ich nehme Dir dafür ab:
Dein Leid, Dein Schwipp, Dein Schwapp.
Und lasse Dir in Ruh:
Dein Dings, Dein Bumms, Dein Du.

Das habe ich für Dich:
Mein Toast, mein Hemd, mein Ich.
Was Du hast, kommt hinzu:
Dein Kaffee und Dein Du.

Was ich Dir geben mag:
Mein Herz, mein Scherz, mein Arg.
Ich greife dafür zu
Beim Dich, beim Dir, beim Du

Und bin von nun an leicht.
Denn alles von Dir reicht
Auch noch für mich dazu.
So voll und reich bist Du.

Ich lutsche Deine Lust.
Zerbeisse Dir den Frust.
Schließ meine Augen zu
Und bin beglückt vom Du.

Hab keine Angst vor mir
Ich lasse uns Dein Dir.
Du kannst ja nix dazu –
Du bist und bleibst halt Du.

P.S. Dein schönes Du
gehört ab jetzt dazu.
Gehört ab jetzt zu mir,
so wie mein Ich zu Dir.

Tja.

Das wird mir wohl nicht mehr gelingen:
Die Schäfchen heil ins Trockne bringen.

Das wird sich für mich nicht mehr fügen:
Bei reichen, warmen Witwen liegen.

Das kann ich dann wohl sorglos knicken:
Im Ruhestand noch richtig ticken.

Das wird für mich schon gar nichts werden:
Beerdigt in geweihten Erden.

Und ich kann auch getrost vergessen:
Viel Schlafen und gesundes Essen.

Dann kann mich auch am Arsche lecken:
Die Sorge ums verarmt Verrecken.

Und mir kann auch gestohlen bleiben:
Das Schreiben und Gedichtereimen.

To the editor

Einige meiner Blog-Einträge werden um die ganze weite Welt getragen. Nicht von Brieftauben, nicht von glücksverheißenden Engeln, nicht von altgewordenen Magazinen – sondern von Spam-Robotern. Die haben ihren Spaß an sammelnsammeln und unterrichten sich gegenseitig von den launigen Sotissen und abgelaufenen Scherzen, die hier zu finden sind. Und weil diese Roboter allesamt eine gute Erziehung genossen haben, bekomme ich stets Antworten und Kommentare auf meine Einträge. Wie guter Wein benötigen meine Texte wohl etwas Reifezeit, bevor ein geneigter Spam-Roboter zuschlägt, denn die Kommentare beziehen sich sämtlich auf bereits länger zurückliegende Artikel. Was ich dann jedoch dazu lesen kann, ist stets ein Quell der Freude.

»Interesting for me« schreibt etwa ПМЖ в Европе. Das hört man gern im Blogosphärenland. »I really like your blog and i really appreciate the excellent quality content you are posting here for free« meint unerwartet englisch Rürup Rente Vergleich. Wer würde da nicht rot vor Scham und Stolz?

»awesome blog, do you have twitter or facebook? i will bookmark this page thanks. peace maria« schreibt Maria unter dem Pseudonym Canli Tv izle. Danke dafür – und: Immer wieder gern!

Überraschend viele Nachrichten kommen auch rein, man hält mich wohl zurecht für eine Drehscheibe wichtiger internationaler Informationen. So werde ich zum Beipsiel gleich mehrfach darüber unterrichtet, dass in Nowgorod eine landwirtschaftliche Messe stattfinden wird und und in der Gegend um Zaporozhye ein Biltzschlag mehrere hundert Kälber tötete. Sicher und beschaulich lebt, wer sowas weiß!

Manchmal erhalte ich auch ein kleines Dankeschön für meine tolle Schreibe. So gibt mir erneut Rürup Rente Vergleich den wichtigen Insidertipp: »immobilien sind zuzeit ziemlich gestiegen, es empfiehlt immobilien zu kaufen«. Es empfiehlt eigentlich auch, mal ein wenig auf Grammatik und Rechtschreibung zu achten. Aber wir wollen hier nicht belehren, sondern uns ob des wertvollen Hinweises freuen und wacker reich werden.

hartzell insurance associates möchte gerne wissen: »I want to know what Darcy says with that!?« Nun, das würde mich allerdings ebenfalls interessieren, aber Darcy hat es mir bis jetzt verschwiegen.

»Grützi. Toller Blog, aber leider sehe ich nur die hälfte.Ist Euch das bekannt? Liegt das an meinem Safari? Grüße aus Köln« Dem User Schwanz pillen kann ich leider nicht helfen, mein technisches Verständnis reicht für solche Fragen einfach nicht aus.

Ganz neue Themen werden ebenfalls angeregt. Fragenkomplexe werden aufgeworfen, denen ich gern mal nachgehen würde, allerdings haut mich schon die erste Frage »Why doesn’t Tarzan have a beard?« von mellesleg fm gehörig aus der Kurve. Die Energie, sowas zu klären, hab ich nun doch nicht.

Acticin meint schlicht und ergreifend: »Good Article«. Der Meinung ist auch Buy AcivirCream Online.Watchesbup geht sogar noch etwas weiter und schreibt: »I would add something, but basically says it all«

Dem ist nichts hinzuzufügen.

These are examples of the last 10 years, …

Frage:

The flat earth and geocentric world are examples of wrong scientific beliefs that were held for long periods. Can you name your favorite example and for extra credit why it was believed to be true?



Antwort von HAIM HARARI

Physicist, former President, Weizmann Institute of Science; Author, A View from the Eye of the Storm



The earth is flat and the sun goes around it for the same reason that an apple appears to be more strongly attracted by the earth than a leaf, the same reason that when you add 20% and then subtract 20% you return to the same value, and the same reason that the boat is heavier than water. All of these statements appear to be correct, at first sight, and all of them are wrong. The length of time it takes to figure it out is a matter of history and culture. Religion gets into it, psychology, fear of science, and many other factors. I do not believe that there is one parameter that determines how these things are found to be wrong.



The guy who sold me a carpet last month truly insisted that people in Australia are standing on their heads and could not understand how they manage to do it. He still believes that the earth is flat and is ashamed of his belief, but refuses to accept my explanations. I know a union that got a substantial pay raise because a politician did not understand that adding and then subtracting 20% gets you to another result from the one you started. Religious people of all religions believe even more ridiculous things than all of the above. These are examples of the last 10 years, not of the middle ages.



Part of the problem is that, in order to find the truth, in all of these cases, you need to ask the right question. This is more important, and often more difficult, than to find the answer. The right questions in the above cases are of different levels of complexity.



http://www.edge.org/3rd_culture/thaler10/thaler10_index.html

In Restaurationen #04

Da sitzen drei. Sie hat ein Kind im Arm, rechts uns links neben ihr zwei Herren. Sie unterhalten sich nicht, kaum, wenn: nur leise. Der rechte Herr schaut oft zum Kind, als gehöre es zu ihm. Der linke sitzt dabei wie zufällig.

Die Senior-Bedienung latscht sich schon seit fünfundzwanzig Jahren hier die Hacken ab, eine Mischung aus Gereiztheit und Freude, aus Förmlichkeit und lautem »Du!« aber immer: »Wenn ich schonmal bei Dir abkassieren dürfte, das macht dann bitte neun Euro dreißig, danke, scheiße, jeden Abend das selbe.«

Am Tisch nebenan eine junge Frau, die Dinge ins Notizbuch schreibt und zeichnet. Große eckige Buchstaben schreibt sie von einem DIN A4 Zettel ab.

Der alte offiziersähnliche Mann, der aufsteht, seinen gedeckten Mantel überzieht, dem befreundeten Paar kurz zunickt, aus dem Fenster schauend: „Ich möchte Folgendes feststellen: Die Schneeflocken sind bereits größer geworden.«

Das Paar am Frühstücksnebentisch: Er ein dicklich großer alter Herr, eine schlechte Schremp-Kopie zweiter Klasse, Sie eine deutlich radebrechende kurzhaarige Begleiterin, einer leicht verbogenen Dunja Reiter ähnlichen. Er spricht über die Zeitung hinweg die Wort mit Bedeutung: »Der Himmel hat AUCH einen Reißverschluß. Na, der wird AUCH noch aufgezogen, der Reißverschluß.«, und sie sagt erötend »Hihihi, Reißverschluß«.

Die beiden Frauen, Schwestern oder was, die sich nichts zu erzählen haben hier im Eiscafé, und als der Kellner kommt hebt die eine den Kopf aus der Eiskarte: »Also ich nehm den Karneval in Rio«.