Bei akuter Schwerness
Als Mittel gegen zuviel Schwere
gilt allgemein: geistige Leere.
Des weiteren, das weiß man wohl,
hilft prima Schnaps und Alkohol.
Auch Sonnenbrand und Sandburgbauen
ist antischwer viel zuzutrauen;
sowie dem Fußball, der Musik,
dem Sex, der Außenpolitik.
Und nicht zuletzt verschaffen Luft
das Wurstbrot und der Kaffeeduft.
Doch rat ich dir: Lass deine Finger
bei Schwerness weg vom Unglücksbringer,
der nur Ballast ist an den Gliedern
mit seiner Masse, seinen Liedern.
Den, dem nur Schwerstgewicht entkeimt –
auf den zu Recht sich gar nichts reimt,
der nicht mal taugt im Leichtgedicht –
den lass in deine Nähe nicht.
So streich aus deinem schweren Leben
den Mensch. Ihn soll’s dort niemals geben.
Alleinigkeit im Kern des Seins
ist Schwerness-Hilfe Nummer eins.
Als erste Übung raten wir:
Trenn dich vom schwersten Menschen – dir.
Was wirklich zählt
FÜR EIN HIER NICHT ANWESENDES BILD
Mein Hunde-sind-mir-fies-Ablehnungs-Pegel
kennt eine einz’ge Ausnahme der Regel:
Willkommen ist mir jede Hündin, so sie
daherkommt wie auf diesem Bild hier Rosi.
Richard Brautigan, nachträglich
Wenn Nähe zum Problem wird
Vom RingenChris Taylor vs. Wilfried Dietrich, 1972
Chris hoffte auf die große Liebe.
Er wünschte so sehr Honeymoon.
Doch dann: Enttäuschung, viel zu soon.
Umarmung, Schmerz und kurz Geschiebe.
Ein Nein kassierte Chris nicht oft.
Zu klein die Kraft, zu groß sein Wollen.
Es hatte doch so schön sein sollen.
Er hatte doch so sehr gehofft:
sie hätten sich ins Ohr geschnauft,
sie hätten sich im Tanz gewiegt,
sich herzend ineinand geschmiegt,
die Locken zärtlich sich gerauft,
sich feucht mit Achselschweiß benetzt,
und über Grenzen so gewagt,
sich sanft am Ohrläppchen genagt,
den Armzug schüchtern eingesetzt,
die Hüftgelenke ausgeschert …
Wenn für einander sie entfunkt,
wär Achselwurf der Höhepunkt
und alles, was das Herz begehrt –
allein, es hat nicht sollen sein.
Denn Wilfried griff mit kühlem Hauch
dem Liebenden um dessen Bauch
(statt regelwidrig um das Bein)
dann hatte er das Ringen satt.
Chris’ Hoffnung von den schönsten Stunden
rang Wilfried nieder in Sekunden
und ward zum Kran von Schifferstadt.
Hitler macht Müll
The ballad of Pete and Pfingsten
Es ist im Wirtshaus Heilger Geist
die Stube voll, kein Stuhl verwaist.
Heut trifft sich hier zum Totenfest
ein Elferschock Apostelrest.
Man schweigt und trinkt. Die zwölfte Runde
zischt Petrus weg. Dann ist die Stunde,
dass er sich aufrafft stante pede
volltrunken zur Gedächtnis-Rede:
»Schon siebn Wochn isses her.
Erst war er tot – Ihr wißt schon wer –
dann wieder nich. Wir … hicks! … warn traurich …
Ganz unter uns: Ich fand das schaurich.
Doch trotzdem: Nach … burps! … Väter Sitte
versaufen wir sein Fell. Und bitte:
wir wolln, nachdem wir … börp! … gedenken,
der Leber keine Gnade schenken!«
Er hebt sein Glas. »Prost! Auf den Chif!«
Er lallt. »Momentchen … Chaf? Chuf? Chif!«
Peinliche Pause. Alle gucken.
Er erntet zehnfach Schulterzucken.
Wen meint er? Sie verstehn ihn nicht.
Da plötzlich Sturm, es blitzt ein Licht.
Man sieht am Tisch sich ängstlich an
und Geist schießt ein in alle Mann.
Volltreffer Petrus. Der steht stramm
und kräht »Heiliger Bim und Bam!«
Dann, nüchtern wie aus dem eff-eff
hebt er das Glas »Prost auf den Chef!«
Der Chef! Na klar! Der ganze Saal
flippt aus wie einst beim Abendmahl.
Man küsst sich, lacht, es wird geweint:
Der Petrus hat den Chef gemeint!
Laut kreischen alle durcheinander
und Petrus ruft ins Miteinander:
»Vergesst nicht: Was Ihr dem Geringsten …
Ach, Scheiss drauf – jetzt ist erstmal Pfingsten!«