Was ich bisher von der Physik verstanden habe (Fragment)

Jetzt fallen wieder Haare auf die frisch gewischten Fliesen
Der Spülberg wächst gleich nach dem Spülen hoch wie nie
Schon blühen wieder Blumen auf den grad gemähten Wiesen
Das Universum strebt wie vollbekloppt nach Entropie

Ein jedes Teilchen drängt vom andern weitestmöglich fort
Das Chaos wird sekündlich schlimm und immer schlimmer
Nichts bleibt und niemals nicht an seinem angestammten Ort
Das kann man sehn an meinen Fraungeschichten und im Arbeitszimmer

Im Frühwald

Die Bäume stehen schlummernd in den Moosen.
Es ruht der See, die Luft ist schläfrig lau.
Ein jedes Grün verdämmert sich in Grau.
Die Farne tragen Tau-Pyjamahosen.

Der Nebel liegt noch bettwarm auf den Wegen.
Die Wege liegen wirr umarmt verschlungen.
Frau Wildschwein hat sich Ausschlaf ausbedungen.
Herr Hase mag so früh sich nicht bewegen.

Der Dachs beschläft die Dächsin in der Erde.
Die Füchsin träumt sich nackt im Hühnerhaus.
Freund Eule muss zum dritten Mal kurz raus
und träumt danach vom wilden Ritt zu Pferde.

Frau Bärin ratzt auf manikürten Tatzen.
Herr Marder macht nicht viel Brimborium
und dreht sich nach dem Wecken nochmal rum
auf flauschig weichen Marderhaarmatratzen.

Man schnarcht und sägt in Försters Meisenkästen.
Dem Nashorn klebt der Schlaf das Auge zu.
Kein Sänger singt. Nichts stört die Morgenruh.
Die Amseln hängen tiefentspannt an Ästen.

Doch horch! Da kommt ein Joggersmann daher,
der will auf schönstes Walderleben hoffen.
Das wird um diese Uhrzeit aber schwer:
So früh hat doch der Wald noch gar nicht offen!

Für ein hier nicht anwesendes Bild

Sibylles Traum
Wo gelbe Busse nach dem Überfall versteckt verschnaufen
und sich aus Angst vor der Polente staub’ges Haupthaar raufen;
Wo, abgestellt von miesen und sinistren Kerlen,
sich Wägen reihen wie sonst nur an dünnen Schnüren Perlen;
Wo sich die Sonne unerkannt inmitten hellster Tarnung
nur vorsichtig hineintraut, wegen Schlimmheits-Warnung;
Wo zwischen Häusern grad noch Platz für einen Baum war
– da suchte sie ihr Glück mit dem Frisurenladen „Traumhaar“

(das zugehörige Bild findet man hier)

Für ein hier nicht anwesendes Bild

Lied der Steinmetze

Stein auf Stein, Eck auf Eck,
stapeln wir den Sandsteindreck.
Aufzurichten, unser Motto,
hier den lieben Onkel Otto.

Dass nach vielen stolzen Jahren
Neffen, Nichten hierherfahren
und sich fotofieren lassen –
einzeln, Pärchen und als Klassen.

Ist schon eine Reise wert:
Otto mit dem langen Schwert!
Otto mit dem dicken Bart!
Rot und groß und dauerhart.

Ach, wie wird man später eilen,
kurz mit Otto zu verweilen.
Aufgeregt wie Aprikose
trägt man dazu Sandsteinhose.

(das zugehörige Bild findet man hier)