Frühlings Erwachen
Mache ich es ganz allein
geht es mir durch Mark und Bein
Tue ich es mal zu zweit
dauert’s eine Ewigkeit
Machen wir es mal zu dritt
komm ich nie so richtig mit
Tun wir es dann mal zu viert
ist’s mir schlicht zu kompliziert
Mache ich es spirituell
geht es meistens viel zu schnell
Tue ich es rational
sieht es doof aus und banal
Mache ich’s mit Alkohol
fühlt sich’s an wie ein Symbol
Geh ich’s völlig nüchtern an
weiß ich nie: Bin ich jetzt dran?
Tu ich’s wie es alle tun
fühle ich mich wie ein Huhn
Mach ich’s wie es mir gefällt
ist es nicht von dieser Welt.
Tu ich es von hinten links
verrenk ich meistens mir das Dings
Tu ich es von vorne rechts
bin ich Schande des Geschlechts
Mache ich’s im Dauerlauf
ähnelt es dem Schlussverkauf
Mache ich es schlicht im Stehn
kann ich gleich nach Hause gehn
Wie man sieht: Wie ich’s auch mach
bleibt es bloß ein Weh und Ach
Wisst Ihr was: Ist mir zu schwer
Mach’ ich es halt gar nicht mehr
Nearer, My God, to Thee
Sommerzeit: Kurz vor Frühling
Auf den Feldern liegt ein blauer Schatten
Häuser stehen rauchend unter Brücken
Hügel tragen Grünzeug wie Perücken
Flirrend Frisches flattert in Rabatten
Schräg am Himmel krachen weiße Flieger
Autobahn mäandert durch die Fluren
Zeiger huschen rasch auf allen Uhren
Spätmärz rüstet sich als Frühlingskrieger
Blüten beissen schmatzend in die Wiesen
Windrad dreht verträumt langsame Runden
Wärme zeugt von nahen Paradiesen
Eichhorn frisst den Vorrat in Sekunden
Warten lohnt sich – das ist nun bewiesen
Glück ist nur noch Frage jetzt von Stunden
Am 89sten Tag erschuf Gottbeinah den rechten Winkel
Gott schreibt keine Petitionen
Hat denn keiner mehr ’nen Plan?
Weiß denn niemand mehr Bescheid,
was ist falsch und was allright?
Ich sag es hier noch einmal an:
Als ich dereinst den Menschen schuf,
da plante ich ihn hetero!
Laut ruf ich Mord und Zetero,
bringt mir das jemand in Verruf!
Nicht Rosi, die Sieglinde leckt;
nicht Werner, der Joachim lutscht;
auch Hans nicht, der in Bello flutscht –
nur Papi, der in Mutti steckt,
und es ihr rundum gut besorgt,
macht’s mirgefällig und ok!
Das andere – ojemine! –
ist Euch vom Teufel nur geborgt.
Zum Beispiel Baden-Württemberg:
Kann’s sein, dass man mich da verlacht
und jeder es mit jedem macht?
Das schreit nach einem Gotteswerk!
An alle, die da anders sind:
Ich warn Euch! Wenn der Kamm mir schwillt,
erlass ich als Familienbild
das mit dem Esel, Ochs und Kind!
Abendbrot bei Karamasows
Für ein hier nicht anwesendes Bild
Blue Note Love
Nach der langen Free-Jazz-Fete,
während andere schon trinken,
tut Hans-Werner still versinken.
Sinnend dankt er der Trompete:
»Meine Virtuosität
wäre nichts als Schund und Pech
ohne Dich, Du schönes Blech.
Danke, liebes Klanggerät.«
Die Trompete dankt zurück:
»Ohne Deine Zauberlippen
wären die Sechs/Neuntel-Klippen
nicht zu meistern. Was ein Glück!«
Und so sind sich Mensch und Tröte
einig, dass sie glücklich sind.
Dann begibt man sich geschwind
zu Schnäpsen bis zur Morgenröte.
Da!
Für ein hier nicht anwesendes Bild
Wie das Licht durch jede Ritze
drängend an die Wände fällt,
wie es sich am Putz dort hält,
ist schon klasse – nein: ist spitze!
Wie es zwischen blau und ocker
irrend lichtert durch den Raum –
der Gardinenschleiertraum
haut mich beinah fast vom Hocker!
Ach, ich wäre auch gern Licht,
ganz egal ob Teil, ob Welle.
Wäre gern das klare, helle,
vollspektrale, schöne, schnelle …
– bin es aber leider nicht!