Wort und Tat

Wer braucht bitte Thomas Mann,
wenn man Freude haben kann
an mir und meinem Leberfleck?
Schatz, jetzt leg das Buch doch weg!

Lass den Schiller mal in Ruh.
Klapp jetzt mal den Walser zu.
Langsam wird mir das zu dumm –
lieg doch da nicht lesend rum!

Was ist schon ein Brecht-Sonett
gegen mich in Deinem Bett?
Schau, mein schönes schlankes Bein –
komm, jetzt lass das Lesen sein!

Leg mal bitte Shakespeares Sturm
auf den Tisch zu Tellkamps Turm,
und ich zeig Dir mein Bijou.
Liebling, hör mir doch mal zu!

Erst vergnügen wir uns hier,
danach rauchen, dann ein Bier –
Schatzilein, so glaub mir doch:
Lesen kannst du später noch.

Bleib ruhig daheim!

(Wesentliches zum Werk des Reisemalers Schollenberger)

Kannst Dir Deine Reisen sparen.
Rom, Sorrent, was willst Du dort?
Musst nicht nach Italien fahren,
fährst ja doch gleich wieder fort.

San Francisco und New York
sind real nur leidlich grau,
schmecken säuerlich nach Kork.
Anders in der Bilderschau:

Schollenberger, auf Papieren,
liebt es, sich mit offnem Blick
in fremden Farben zu verlieren.
So geht Malers Malerglück!

Rot wie nie malt er Berlin.
Tanzt Paris die Liebesbalz.
Jedem Ort gibt er sich hin,
Schollenberger aus der Pfalz!

Zeigt uns in den Vernissagen,
farbig, voller Saus und Braus,
Bilder seiner Weltpassagen:
farbenfroher Augenschmaus.

Der Reisemaler

Schau, der Maler sucht die Ferne.
Schau, er malt sich durch die Welt.
Schau, er reist und schaut so gerne.
Was er sieht, wird vorgestellt:

Speyer, Rom, Paris, Berlin,
Rendsburg, Wilder Wein und Kork,
Wingert, Positano, Wien,
California und New York.

Überall die selbe Sonne,
überall die selbe Luft.
Farben gleich und gleiche Wonne,
überall der gleiche Duft.

Unser Maler aber macht
das Besondere, das Wahre,
aus dem Gleichen. Über Nacht
schafft er einzigartig klare
Bilder. Mit der Farbfanfare.

Analoge Abrüstung

Nasche ich vom Kirschkompott,
tröte ich auf dem Fagott,
plane ich den Staatsbankrott
– weiß es gleich der liebe Gott.

Wem ich auf die Eier geh,
wem ich bald den Hals rumdreh,
wem ich auf den Hintern seh
– weiß schon lang der BND.

Dass der Vater mit dem Sohne,
dass ich bade, oben ohne,
dass ich noch bei Mutti wohne
– weiß dank Teleskop die Drohne.

Doch von Schatzis Mundgeruch,
meinem nächtlichen Besuch,
und von Hamsters Flugversuch
– weiß allein mein Tagebuch.

Für ein hier nicht anwesendes Bild

Als Gott mal jüngst in Sendling war,
da zauberte er wunderbar:
Er ließ, ganz leicht und wie aus Tüll
Buchstaben schweben überm Müll.

Die einen hell, die andern dunkel,
ein Typo-grau-in-grau-Gefunkel.
Dem Ä schuf er 2 schöne Striche,
der Tonne 4 Reserve-Iche.

Dann musste er, um kurz nach vier,
zu Freunden auf ein kleines Bier.
Er lief, um sich nicht zu verspäten,
und hinterließ Antiquitäten.

(das zugehörige Bild gibt’s hier)