Sorge

Gott, was ist mit Gott bloß los?!
Früher konnt man auf ihn bauen.
Konnt ihn, wo man wollte, schauen.
Heute: reiner Trauerkloß!

Lebt im Speckgürtel der Städte
ganz allein im Bungalow.
Unschönes Szenario:
zweite Scheidung, Hörgeräte.

Früher eine große Nummer,
sogenanntes höchstes Wesen.
Heute macht er uns nur Kummer.

Gottchen, Gottchen! Sei’s gewesen.
Abgang ohne großen Knall:
statt Himmelreich Betriebsunfall.

Der Größte

Putin baut ganz nah am Wasser.
Castro heult bei jedem Scheiss.
Abbas ebenso, nur nasser.
Mursi, wenn er was nicht weiß.

Papst Franziskus spendet Tränen.
Herr Holland seufzt vor sich hin.
Samaras heult wie Hyänen.
Baracks Träne gilt Berlin.

Erdogan hat Gas im Auge.
Jean-Claude Juncker nässt ein Buch.
Fürst Albert flennt salz’ge Lauge.
Assad schneuzt den Schnauz ins Tuch.

Wettbewerb der Jammerlappen:
Überall und ohne Scheu
hört man Kleenexboxen klappen.
Jeder orientiert sich neu.

Doch von allen Heulesusen
ist der Größte bitte sehr
der, den wir am Wahlkampfbusen
nähren: Candidatus Peer.

Reiner Zufall, ungeplant,
mitten vor den Kameras,
schossen ihm wie nie geahnt
Tränen. Was bedeutet das?

Galt es seiner großen Liebe?
Galt es seiner SPD?
Spürte er vergessne Triebe?
Tat ihm irgendetwas weh?

Nein, er war nur weich geworden.
Männer, folget seiner Spur!
Werdet wie der Peer vom Norden,
hebt die Hand wie er zum Schwur:

Niemals wieder niederträchtig!
Niemals wieder Mann und mächtig!
Niemals wieder große Fresse!
Niemals wieder Interesse

für das Doofe und Gemeine,
für das Weib und nur das Eine!
Jetzt ist nichts mehr, wie es war.
Peer stellt für uns Männer klar:

Wenn das Leben uns eins reindrückt
wird in Zukunft feucht gesteinbrückt.

Das Hans-Gefühl

Gestern war’s, der Hans war grad beim Spülen,
als das plötzlich anfing mit dem „Fühlen“.

Überraschend fühlte Hans sich müd,
So als sei er innerlich verblüht.

Nurmehr spülte Hans mit halber Kraft,
vom Gefühl her fand er’s mangelhaft.

Höhepunkt der Hans’schen Impression:
Gänzlich fehlte ihm die Ambition.

Fühlte sich halb so und halb auch so,
dann warf Hans vor Schreck sich aufs Plumeau.

Innerlich aufs Äußerste erregt
hat der Hans sich still- und flachgelegt.

Doch das ungewohnte Sentiment
hielt ihn schrecklich wach. Nur konsequent

konterte Hans seine Angst-Empfindung
tricky mit Pantoffel-Schleifenbindung.

Das war aber keine Lösung. Kurios!
Hans’ Gefühl war viel zu grenzenlos,

Da half nur noch Zwang: Direkt und brav
boxte Hans sich sorgsam in den Schlaf.

Nach dem Schlummer frisch und quick erwacht,
schlug der Hans dann voller Niedertracht

selbstverteidigend mit schwerem Hieb,
bis vom Feeling nichts mehr übrigblieb.

So hat Hans die Emotion gekühlt,
sich in aller Ruhe leergefühlt,

und dann rasch den Rest vom Spül gespült.

Night and Day

Ich höre manchmal Stimmen in der Nacht.
Und oft geht da ein Luftzug durch den Raum.
Dass ich allein bin, glaube ich mir kaum.
Ich habe manchmal so einen Verdacht.

Es stehen da zwei Teller auf dem Tisch.
Die Zeitung liegt gelesen auf der Bank.
Was macht das Telefon denn da im Schrank?
Dies zweite Stückchen Seife – trügerisch.

Ein Zähneknirschen weckt mich früh um vier.
Der Duft aus kleinen Mulden überrascht.
Ich rauch doch nicht. Wer hat da hingeascht?
Was macht dort dieses Haar? Ist das von mir?

Gefährlich hoch der Rotweinkorkenberg.
Wer hat denn diesen Yoghurt aufgemacht?
Hab ich da etwa grade so gelacht?
Seit wann hab ich nen roten Gartenzwerg?

Ein Summen aus der Wand, wie kann das sein?
Schleicht etwa da ein schlanker Schatten fort?
Was sind denn das für Lichtreflexe dort?
Warum fühl ich mich einsam nicht allein?