Selbstanzeige

Schatz, die Beichte fällt mir schwer.
jahrelang hab ich gelogen.
Du, ich habe dich betrogen:
Ich hatte Kapitalverkehr!

Ich hab es mit der Schweiz getrieben,
ich steckte tief in Luxemburg.
Auch in Vaduzens Bankenburg
bin ich oft über Nacht geblieben.

Wenn du im Morgengrau noch gähntest,
bin zu den Caymans ich geschwommen.
Ich bin in Banktresorn gekommen,
wenn du mich auf der Arbeit wähntest.

Betrug dich steuerfrei in Laken
voll Aktien und Staatsoptionen.
Begehrte Steuerniedrigzonen
und schnackselte mit Schwarzgeldkraken.

Ich mopste mir die Birne weich
mit Zypern, und mit Panama.
Ich bin nicht stolz drauf, was geschah:
Ich tats sogar mit Österreich.

Glaub mir, es war nur Steuerflucht.
Mir dir hatte das nichts zu tun.
Es war wie ein Hormontaifun:
Es war die Fuck-your-money-Sucht.

Doch jetzt ist Schluss. Und völlig offen
leg ich dir meine Sünden dar.
Jetzt weißt du, wer ich wirklich war.
Sag, darf ich auf Vergebung hoffen?

Wenn ich dir dies Geständnis sage,
wirst du mir dann nochmal verzeihn?
Echt!? Wirklich? Du bist wieder mein?
Wie schön! Nur schnell noch eine Frage:

Sag, kannst du mir ’nen Fuffi leihn?

Dresden in zwei Sätzen

Einmal war ich mit einer früheren Freundin in dem mir unbekannten Dresden verabredet, und zwar exakt in der Mitte der Augustusbrücke, und da stand ich dann und wartete eine geschlagene Stunde, bis mich endlich das Handy erlöste, aus dem ihre leise Stimme klang mit der gehauchten Entschuldigung, sie als Ortskundige habe sich peinlicherweise mit den Brücken vertan und eigentlich die danebenliegende gemeint, wo sie jetzt auch schon eine Stunde lang auf mich warte, und ob ich sie vielleicht von der Augustusbrücke aus sehen könne, sie winke jetzt mal mit einer weißen Plastiktasche. Ich hab sie aber nicht gesehen, und dann sagte sie: Ich treff dich auf der anderen Seite, und hat aufgelegt und da wußte ich natürlich nicht auf welcher Seite denn nun, und dann hat das alles nicht geklappt und ich habe diese alte Freundin nie mehr wiedergesehen, weil sie hat das Handy in den Fluss geworfen oder eine neue Nummer oder was, jedenfalls ging da nichts mehr, aber vielleicht liest sie das ja hier, und für den Fall sag ich mal: Sonntag, meine Stadt, Bahnhofsbrücke, ok?

Für ein hier nicht anwesendes Bild

Knipst mal bitte vor dem Haus!
Oder hinten vom Balkon!
Lüftet mal die Kleider aus!
Macht doch mal ein Bild davon!

Lasst Euch doch mal etwas gehn!
Drückt jetzt endlich auf den Knopf!
Bleibt im Zweifel auch mal stehn!
Nutzt doch ein-mal Euren Kopf!

Seid doch nicht andauernd brav!
Lasst doch mal den Witz nach vorn!
Macht nicht immer alles scharf!
Zeigt doch mal den Spitzahorn!

Das zugehörige Bild gibt’s hier

Warten

Sanft und flach kommt sie daher:
Frühlingssonne ist ein Luder.
Blinzelnd schau ich nach dem Bruder
im urbanen Hin und Her.

Club-Musik tut fast kaum weh.
Lesend sitzen Damen hier.
Herren trinken warmes Bier.
Julius Meinl macht Kaffee.

Langer lahmer Nachmittag.
Wärme hüllt mir sanft die Stirn,
wie ein Seiden-Sarkophag.

Strahlend treibt der Sonnenzwirn
mir mit frühlingshaftem Schlag
drei, vier Knospen aus dem Hirn.