Aufregung in der Serenissima

Zum Karneval alljährlich in Venedig
reist FRÄULEIN BARONESS an den Canal.
Sie macht sich kostümiert ganz epochal
mit ihrer Entourage des Alltags ledig.

So fröhlich neigt sie beinah doch zum Weinen.
In diesem Jahr muss sie die Frage quälen:
Was wird bloß JIM für eine Maske wählen?
Und wird er diesmal überhaupt erscheinen?

Sie schaut mit Schluchz und suchend vom Balkon.
Dahinten, dieser kleine Gondoliere –
war das wohl Jim? Nein, denn er gondelt ja davon.

Wenn er heut fehlen würde, wäre das Premiere.
Wer spielte dann zum Tanz Bandoneon?
Da! Von San Giorgio schwebt die Montgolfière …

Sanfte Enttäuschung

Ihr Leib ist Alabaster
Ihr Seelchen Frühlingshauch
Ihr Hirn ist unermüdlich
und ständig in Gebrauch

Sie denkt auf allen Vieren
Sie denkt den ganzen Tag
Sie denkt nicht nachts, denn nachts
nehm ich sie in Beschlag

Dann wird ihr Hirn gelüftet
Dann wird nur noch gefühlt
Dann wird sehr leidenschaftlich
das Kissen aufgewühlt …

(beiseit, für sich)

… ach – wenn es mal so wäre
So ist es keineswegs
Ihr Leib ist bloß Pilaster
Ihr Seelchen ist aus Keks

Ihr Hirn ist Schweizer Käse
Sie redet dummes Zeug
Und doch: Sie ist bezaubernd
wenn ich sie so beäug

Scheiß also auf die Seele
Scheiß also auf den Leib
Scheiß auch aufs weiche Hirn –
es bleibt so, wie ich schreib:

(wieder kraftvoll)

Ihr Leib ist Alabaster
Ihr Seelchen Diamant
Ihr Hirn ist unermüdlich
und ständig sehr brillant

Übergang

Es holt der Sommer sich Absolution.
Einmal noch zeigt er, was er kann. Im Streite
will er nicht von uns gehn. Um Haaresbreite
glaubt man an seine Reinkarnation:

Die Wolken treten einmal noch zur Seite.
Zwei, drei, vier Strahlen. Warmer hoher Ton.
Ein letztes Lächeln. Ein „Ich komm ja schon!“.
Dann ist er fort. Der Sommer sucht das Weite.

Jetzt also Übergang. Nicht Fleisch, nicht Fisch.
Man sagt, dies sei die Zeit nun für Gedanken.
Ich denk: So wie paar Herren prahlerisch

in Tshirts draußen Sonnenreste tanken,
sorgt im Café für bald manch leeren Tisch,
dank erster Kühle, fröstelndes Erkranken.

Omm!

Nun haben wir uns doch dazu entschlossen, unsere Kinder zum Yoga anzumelden. Wir wollen früh genug damit anfangen, damit die Kleinen recht gelenkig werden und es auch bleiben. Wenn sie älter sind – sagen wir mal so ungefähr mit 16 – ist es dann nämlich wesentlich leichter, sie bei der Rückgabe in die Babyklappe zu falten.

Schatten von Grau

Die gute Nachricht gleich vorweg:
Deutschlands Damen lesen wieder.
Doch nur ein einzges Buch – oh Schreck!
Und das fährt ganz schön in die Glieder.

Wohin ich dieser Tage schaue:
Frauen fordern wieder Fesseln.
Und alle wollen Popohaue.
Sie lesen: Sex muss richtig kesseln.

Hausfraun, die sonst nie genießen,
erklimmen untertänigst Hügel
serviler Leidenschaft, zerfließen
im Bett nach einer Mordstracht Prügel.

Schon raunen die Emanzen: „Hey!
Das ist Sexisten-Tyrannei!“
Doch Frauen lieben „Shades of Grey“,
Teil 1, und bald auch 2 und 3.

Das Weib von heute fleht um Keile.
Es spricht: „Glaub nicht, dass ich dich poppe
ganz ohne Handschelln. Langeweile
vertreibst du mir mit Vorspiel-Kloppe

auf dem Klavier und in der Wanne.
Und ist der Schmerz auch noch so klein,
devot sein will ich, volle Kanne!
Hier bin ich Frau, hier darf ich’s sein.“

Sie lässt nur jemand an die Wäsche,
der Bondage mag und Knotenschnüre.
Sie wünscht sich geile Peitschendresche
so wie in ihrer Sex-Lektüre.

Den Männern wird das aufgezwungen.
Wie immer – sie solln Herren sein!
„Tja!“ seufzt da mancher notgedrungen
und langt der Gattin eine rein.

So tragen Damen als Bijou
mit Stolz die neuen Liebesspuren:
am Auge „Shades of Purpleblue“.
Das ist die Macht der Litraturen!