Wandrersegen nach Olle Goethe
Die Wanderjahre sind nun angetreten.
Das Herz des jungen Wandrers ist recht bänglich.
So wendet er, sobald der Pfad verfänglich,
den Blick vom Wege fort. Nicht um zu beten,
nein nein, er schaut, wenn Schwierigkeiten warten
ins eigne Herz, und in das Herz der Lieben.
Wenn ernst es wird, wenn Nebel ihn umtrüben,
blickt er in sich – statt raus in Gottes Garten.
So kommt es, dass er immer immer wieder
voll auf die Fresse fällt, der dumme Wandrer.
Und liegt er erst am Boden ganz darnierder,
da wünscht er sich, er wär ein gänzlich andrer,
der umsichtiger schaut, nicht senkt die Lider.
Dann aber wär er nicht der dumme Wandrer.
Letzter Aufruf für Hercule Poirot
Das noch schnell
Ein dunkles, schweres Epitaph
raubt seit Tagen mir den Schlaf.
Im Grab darunter ist nichts drin.
Wo ist denn jetzt Opa hin?
Drei Schwestern
in der Bar Troubadour
Samstagabend, kurz vor 19.00 Uhr
Liste der anwesenden Personen:
1 Frau Wirtin
4 Friseurinnen
1 Bauarbeiter
1 verloren gegangene Frau
1 verliebtes Paar
5 Schweizer, davon 1 Hündchen
Einer geht noch
Simples Rezept
Was mich für dich einnimmt, sind die Worte:
»Morgen gibt es wieder lecker Torte!«
Loben will ich dich und tüchtig hudeln
für den Satz: »Schau, Schatz, ich mach dir Nudeln!«
Hör ich das und find sie nicht, gibts Tote:
»In der Tasche sind belegte Brote!«
Dieser Ruf muss mich nicht lange suchen:
»Hasi, willst du noch ein Stückchen Kuchen?«
Doch ich dreh mich um und geh für immer
wenn ich höre: »Kochen tu ich nimmer!«
Sexuell werd ich zum Sublimaten,
wenn du schwörst: »Ich mach nie wieder Braten.«
Greif sogar zum Messer, dem verhassten,
wenn du sprichst: »Du wolltest doch mal fasten.«
Und ich ziehe fort aus deinen Städten,
sagst du: »Lass uns endlich mal diäten!«
Drum, willst du mich halten – zu dem Zwecke
sag zu mir: »Ich deck Dir zwei Gedecke!«
Schnurren werd ich wie ein kleines Kätzchen,
wenn du säuselst: »Ich back noch mehr Plätzchen!«
Liege weiter bei Dir wie ein Hündchen,
hör ich: »Da passt doch noch mehr ins Mündchen!«
Tüchtig lieben will ich dich, statt hassen,
wenn du rufst: »Los! Kalorien prassen!«
Andersrum gesagt: Ich kann versprechen,
solang du kochst, werd ich nicht mit dir brechen.
Liebe muss in meinem Magen reifen –
ach, ich bin schon einfach zu begreifen!
Der will nur spielen!
Vom Abschied
Burgund trägt den ganzen Tag Trauer.
Die Rinder verfärben sich grau.
Der Wein wird ahoibrausesauer.
Die Herbstsonne scheint nur noch lau.
Den Gastgebern schwimmen die Augen.
Der Weinbauer rauft sich den Schopf.
Der Kir Royal will nicht mehr taugen.
Hotelpagen schütteln den Kopf.
Pinot-Reben werden Rosinen.
Die Berghänge legen sich hin.
Der Chardonnay schmeckt nur noch Bienen.
Der Senf macht jetzt nie wieder Sinn.
Franzosen sehn rauchend zu Boden.
Pastissegläser springen vom Tisch.
Cafés sind nur noch Episoden.
Das Licht ist jetzt unmalerisch.
Denn heute, Burgund, trotz Protesten,
fahrn wie wieder heim. Gleich um zehn.
Dein Osten, Dein Süden, Dein Westen
warn toll. Doch jetzt müssen wir gehn.
Das Auto hat Wind in den Haaren.
Sie links und ich rechts vornedrin.
Burgund, hör! Auch wenn wir jetzt fahren:
Hier kommen wir bald wieder hin.
Da lächeln ganz sanft alle Rinder.
Da richten die Reben sich auf.
Da wischen sich Mütter und Kinder
die Tränen fort und atmen auf.
Sie wissen, wir sind nicht verloren.
Sie wissen, wir kehren zurück.
Sie wissen, dass wir sie erkoren
zum großen Stück vom kleinen Glück.