Animal triste

Mein Feuermolch Hans-Ferdinand
war eines Tages ausgebrannt.

Mein Hund mit Kosenamen Werner
stand langem Leben eher ferner.

Mein Dinosaurier Heinz-Klaus
starb eines Tages einfach aus.

Mein Hamster, den ich Oskar nannte,
rotierte, bis der Käfig brannte.

 

Mein Python, der auf Mogli hörte,
verknotete sich, bis er störte.

Mein Kätzchen, Kosename Lou,
gab erst im siebten Mixer Ruh.

Mein Sittich, Peterchen genannt,
verzwitscherte als Denunziant.

Und Heinrich, mein Chamäleon,
entfärbte sich im Waschsalon.

 

Auf Dauer muss man konstatieren:
Ich kann nicht allzu gut mit Tieren.

Bekenntnisse (Gähn!)

Ich mach es gern in meinem Bett,
ich find es in der Küche nett,
ich möcht es gleich am Morgen tun,
ich lieb’s in Socken und in Schuhn.

Ich mag es mit und ohne Kleid
und bin zu jeder Zeit bereit.
Doch werd ich erst so richtig froh,
mach ich es coram publico!

So tat ich’s schon im Omnibus
und auch im Stadtpark mit Genuss.
Im Hochamt überkam es mich
und auch in Meerbusch-Büderich.

Im Waschsalon hab ich’s getan,
im Kino hatt ich Spaß daran
und einmal gar im Karussell –
doch das ging irgendwie zu schnell.

Selbst im Café ist’s mir nicht fremd.
Ich tu es froh und ungehemmt
und find es auch nicht sonderbar
im Wüstensand und am Polar-

kreis, wo so grün das Nordlicht flirrt.
Ich mach’s, bis mir die Rübe schwirrt,
zuhause und in jedem Hafen,
am liebsten dauernd: tiefes Schlafen.

Ich brauch auch keine Schlummerlieder.
Kaum schreib ich’s, überkommt’s mich wied…

Für ein hier nicht anwesendes Bild

Aus den Allegorien

Was knarrzt wie dünner Milchschaumpelz,
Wie kristalliner Eisschneeschaum,
Ist stiller Seufz vom Bretterbaum,
Ist frühverharzter Tränenschmelz.

Es leidet stellvertretend hier
Für dich und mich und Müllers Kuh
Das Holz. Es mahnt: Auch Kuh, ich, du
Sind nur des Weltengangs Furnier.

Da tröstet kaum der Flockenstrauch,
Da wärmt nicht Nacktbaums Zweiggeflirr:
Die Welt bleibt tollheitreich und wirr,
Bleibt totes Holz vor Wolkenschmauch

Für Müllers Kuh und dich, mich auch.

(das zugehörige Bild findet man hier)

Genesis (reloaded)

Liegt ein Staub auf allen Dingen,
grünt ein Schmier allüberall.
Hör nur: Silberfischchen singen
schöner als die Nachtigall.

Altpapier wächst allerorten,
auf dem Spül liegt Ewger Schnee,
Krümel, Haare aller Sorten,
Spinneweb im Separée.

Wäscheberge stellen Fragen,
Scheiben starren matt und grau.
Zum Putzen, Wienern, Wohlbehagen
fehlt mir jeder Überbau.

Geb viel lieber mich den Lastern
hin, naiv und unverstellt.
Phlegma und auch Sehnsucht pflastern
meine Wege in die Welt.

Und so bleibt mir meine Erdung
auch in Chaos und Verfall:
Weiß doch, vor der Menschenwerdung
kommt der Haushalt-Sündenfall.

(aus gegebenem Anlass auch hier bei der taz)

KAWUMM (reloaded)

Ludwig ist ein lauter Mann,
der lauteste von allen.
Worüber er nicht reden kann,
darüber muss er knallen.

Schon früh hat er die Welt traktiert
und Feuerwerk sich selbst gemacht,
hat jeden Hamster explodiert
und Nachbars Katzen weggekracht.

Jetzt reicht ihm nicht mehr Chinaböller,
es lockt nicht mehr Kanonenschlag.
Er braucht es lauter jetzt und döller:
ein Donner wie zum Jüngsten Tag.

So türmte er im Jahreslauf
im Keller heimlich voller Glück
Knallfrösche, Zünder, Pulver auf
und baute sich sein Meisterstück.

Heut zu Silvester soll das bunte
und laute Oeuvre aus der Flasche.
Er schwört beim Anzünden der Lunte
sich selbst: „Lux fiat – oder Asche!“

Gesagt, getan. Ein Knall, ein Schrei.
Schon fehlt ihm seine linke Hand.
Dann fliegt sein Ohr an ihm vorbei.
Das Haupthaar – zosch! – ist weggebrannt.

Auch steht die Hose hell in Flammen,
jäh platzt sein rechtes Trommelfell.
Gesicht und Haupt voll Blut und Schrammen.
Rabatz wird laut. Das Licht wird hell.

Dann schießt er neben Leuchtraketen
hoch in den Himmel und vollstreckt
inmitten aller acht Planeten
sich selbst als Glitzerknalleffekt.

Die Arme fehlen seit dem Rumms,
die Beine auch – doch ohne Fehl
illuminiert er voll Kawumms
die Nacht mit tausend Dezibel.

Dann ist es still. Ein neues Jahr.
Als Rumpf saust er zur Erde nieder
und denkt beseelt: Wie wunderbar,
gleich seh ich die Familie wieder!

Er weiß sich, als der Kracher Zierde,
noch während er im freien Fall ist,
endlich am Ziel seiner Begierde:
Die Welt ist alles, was der Knall ist.