Heut

Heut ist kein guter Tag zum Spannen.
Nebel liegt flach auf der Stadt.
Wer heute lange Beine hat,
geht völlig unbespannt von dannen.

Heut hat man keine gute Sicht.
Der Blick reicht keinen Meter weit.
Wär’ da ein Frollein noch so breit –
der Spanner kriegt’s nicht zu Gesicht.

Heut muss er pausen, der Voyeur.
Es ist so alles grau in braun.
Die Menge geilbespannter Fraun
passt heute durch ein Nadelöhr

Heut, ist man keine Fledermaus,
sieht man die Hand vor Augen nicht.
Dem Spanner fehlt die Übersicht
und er schleicht ganz verspannt nach Haus.

Heut macht er sich’s zuhaus bequem,
hier spannt er aus mit seiner Frau.
In Ruhe, nach der Tagesschau,
schreibt er ein spannendes Poem.

Teillieferung

Das also ist das Veneto.
Flachdach und scheißsteile Felsen.
Nebeldunstwolken und Wiesen
Hellbraunes karges Gestein.
Zischend durchquert von den Zügen
Grünt es und sonnt es im Tal.
Halbrunde Ebene. Offen
Führt es uns in die Lagune.
Das also ist das Veneto.

Das also ist die Lagune.
Offene hellgraue Soße.
Tief ausgegrabene Rinne,
Häuser auf Stelzen. Kanal.
Mücken und pisswarmes Wasser.
Brüllende hopsende Boote,
Inseln voll Tote und Glas.
Das also ist die Lagune.

Das also hier ist San Marco.
Platz voller Bautransparente,
Pferdchen und Goldmosaike,
Kuppeln geklaut aus Byzanz.
Seit Napoleon wird hier nichts fertig.
Goethe trank Florians Kaffee.
Tauben und Touris in Liebe.
Das also hier ist San Marco.

Das also ist die Rialto.
Lange die marmorne Diva.
Dreireihig geht es hinüber,
Bucklichtes Treppchen voll Tand.
Einzige Brücke nach drüben
Führt sie rechts zum kleinen Kirchlein,
Links gehts zum Glasausverkauf.
Das also ist die Rialto.

Neulich noch

Es wird kalt,
und mir auch.
Haus macht Rauch.
Fühl mich alt.

Keine Kraft.
Ich weiß schon:
tiefer Lohn …
– zweifelhaft.

Nichts geht nun
von allein.
Einsam sein
wie ein Huhn.

Wie ein Huhn?
Wie ein Storch!
Ich gehorch
und bin nun

einsam und
ganz allein.
Lecke mein
Herzchen wund.

Es wird kalt
und mir auch.
Haus macht Rauch.
Fühl mich alt.

Was stört

Schon klar: Gegen die Huster und Klatscher im Konzertsaal kann man nichts machen, die muss man aussitzen. Ebensowenig kann man etwas tun gegen die im ICE gegenübersitzenden Fahlatmer und die an-Bahnhofsrolltreppen-oben-Stehenbleiber. Schicksal, Schwamm drüber. Jedoch: Sollte man sich durch nervendes, andauerndes und überlautes SMS- und Anrufgepiepse im Café gestört fühlen, ist es immer sehr hilfreich, mal das eigene Handy zu kontrollieren und gegebenenfalls auch auszustellen.

Anything goes

Natürlich kann man jemand sein, der nach dem Verlassen des Hauses noch dreimal wieder hineingehen muss, um zu schauen ob das Gas aus ist und wirklich aus ist und tatsächlich wirklich aus ist. Und man kann auch jemand sein wie unser Nachbar, den wir als Kinder immer beobachteten, und der nach dem Abschließen seiner Wohnung immer nochmal die Treppe wieder hinauf kam, um zu kontrollieren, ob sie wirklich verschlossen war – natürlich kann man so jemand sein, hey, ist ein freies Land. Aber: Wenn man so jemand ist, dann ist es schon ratsam, wenigstens einmal zwischendurch auch kurz zu kontrollieren, ob der eigene Hosenstall geschlossen ist. Alles andere sieht nämlich wirklich bescheuert aus, wenn man dabei beobachtet wird.