Tough Baby

»Einem bestimmten Gestus der Männlichkeit, sei’s der eigenen, sei’s der anderer, gebührt Mißtrauen. Er drückt Unabhängigkeit, Sicherheit der Befehlsgewalt, die stillschweigende Verschworenheit aller Männer miteinander aus. Früher nannte man das ängstlich bewundernd Herrenlaunen, heute ist es demokratisiert und wird von den Filmhelden noch dem letzten Bankangestellten vorgemacht.«

T.W. Adorno
Minima Moralia 24

Noch ’n Gedicht, aua!

Scharfer Schmerz, Schnitt im Bein
Marmeladendickes Blut
Sneakers rot, Socken nass
Alles, nur nicht: gut

Die Pedale schnitt ins Bein
Untersuchen braucht jetzt Mut
Langsam, Vorsicht, was ein Scheiss
Marmeladendickes Blut

Hinsetzen, Durchatmen
Langsam langsam runter schaun
Marmeladendickes Blut
Jetzt nur keine Scheisse baun

Marmeladendickes Blut
Nirgendwo ein Tempotuch
Wasser drübergießen, kalt
Auf Dir, Fahrrad liegt ein Fluch

Kleines Frühstück »Distichon«

Ist das am Brötchen da Schimmel? Wächst dort schon seitlich der Grünspan?
Drück ich ne Beule herein, stülpt sie sich nicht mehr zurück.
Kann mir der Käse noch schmecken? Lassen sich Scheiben noch trennen?
Ach jetzt fällt er mir hin. Zerbricht in tausende Stück.

Erstmal ein Ei in die Pfanne. Ganz hinten liegt es im Kühlschrank.
Kommt mir entgegen gerollt. Ich höre leises Gack-Gack.
Der Joghurt riecht komisch, wie Maggi. Das Maggie riecht süßlich wie Bonbon.
Das ist mir jetzt schon egal. Sensorisch bin ich ein Wrack.

Bitter begrüßt mich der Kaffee. Ist das die Tasse von gestern?
Wenn ich genauer hinseh, klebt dort am Boden ein Tier.
Gestern gings schon ohne Essen. Wird wohl auch heute nichts werden.
Weil mir der Magen knurrt, öffne ich erstmal ein Bier.

Von den Trieben

Dein Körper ist mein Leibgericht,
mein Schnabel mein Besteck.
Mein Herz ist Aufzugsschachtgewicht,
Dein Mittel ist Mein Zweck.

Tirilalala tirilalala
einmal rum und hoppsassa!

Dein Dingsbums ist ein kleiner Schatz,
Mein Hm-Hm ist Dein Glück.
Mein Piep ist hinterm Hosenlatz,
Dein ist mein Meisterstück.

Tirilalala tirilalala
zweimal rum und hoppsassa!

Du: Keuch! Ich: Jauchz! Wir beide: Schnauf!
Jetzt aber! Nein! Doch! So!
Wir stürmen weiche Hügel rauf
ins Fleischeslust-Chateau.

Tirilalala tirilalala
dreimal rum und hoppsassa!

Aus den Rabatten

Die Orchidée ist Teufelwerk. Sex ist ihr Interesse.
Im Frühling ist sie Bienenmännchens Saisonalmätresse.

Sie färbt sich ein wie Bienenarsch, sie lüftet ihre Stempel.
Belügt vollrohr den ganzen Schwarm: sie sei ein Vögeltempel.

Ihr Duft ist dicker Bienenduft. Ihr Stengel kerzengrade.
Die Typen sind besinnungslos. Sie nimmt sie ohne Gnade.

Sie gibt sich hin, sie macht sich frei. Sie stöhnt unter der Last
der Brummitypen. Die sind viel. Bespringen sie mit Hast.

Schnell drauf und weg. Der Spaß ist kurz für Orchidée und Bienen.
Beim Abflug schlingern alle Mann wie sturmreife Ruinen.

Die Typen raffens nicht. Wie immer! Sie werden ausgenutzt.
Mit Strass und Tand. He, Bienen! Hört: »Die ist bloß aufgeputzt!

Es ist nur Farbe, die euch lockt, ins bunte Separée.
Ihr dummen doofen Bienen ihr. Sie ist bloß: Orchidée!«