Letzte Fragenund letzte Antworten
Was hält das Jahr für uns bereit?
Sorge, Not und Schüchternheit.
Was liegt vor uns, soweit man schaut?
Plage, Qual und Sauerkraut.
Wonach dürfen wir uns sehnen.
Durst und Wurst und heiße Szenen.
Worauf freuen wir uns schon?
Liebe, Sex und Explosion.
Was erwartet uns denn nun?
Regen, Segen und ein Huhn.
Womit aber ist jetzt Schluss?
Krach, Rabatz und Musenkuss.
Steht uns sonst noch was bevor?
Fischauflauf und Staatsterror.
Das klingt doch alles wunderbar!
Dann ab mit Euch ins neue Jahr.
(steht auch hier, mit einem wunderbaren Huhn-Foto:
taz-Wahrheit vom 30.12.2015)
Sieben Todsünden für Aschenbrödel
Und selbst? Hauptsache!
Die Wade summt, es schnauft der Arm.
Es piepst der Hals, es lärmt das Knie.
Die Haare säuseln schlaff wie nie.
Das Zahnfleisch knarrzt, es brummt der Darm.
Das Becken zischt, es kracht der Schuh.
Es pfeift das Auge, knurrt das Herz.
Mein Bauch: ein stöhnend runder Scherz.
Mein Atem: säuselt Schubiduh.
Die Haut radaut. Es hurzt der Hut.
Der Kopf krawummt wie Klassenkeile.
Das Fieber fiept, es bläst das Blut.
Das Leben feilt mit feiner Feile.
Ich hör’ es wohl, mir geht’s nicht gut.
Das Ganze ist das Summen meiner Teile.
Handreichung für mehr innere Festigkeit
Aus den dramatischen Werken
Vorhang.
Es ist früher Morgen, die Amsel singt (nicht die Nachtigall). Die Zeichnerin und Bäckerin Charlotte liegt in ihrem Bett und wälzt sich unruhig hin und her. Auf dem Kopfkissen sitzen der Backteufel und der Zeichenkasper, die beide vehement auf die Träumende einreden. Jeder der beiden möchte, dass Charlotte ausschließlich der eigenen Leidenschaft huldigt und die jeweils andere recht ordentlich verachtet und ablegt. Es entspinnt sich darob ein Streitgespräch, dessen verschämte, wenngleich neugierige Zeugen wir hier werden. (Dass der Backteufel und der Zeichenkasper dabei in Reimen sprechen, versteht jede, die schonmal mit zwei Seelen, ach!, in einer Brust zu tun hatte.)
Backteufel:
Zeichnen nährt nicht Mann, nicht Weib!
Lass uns klar und deutlich schnacken:
Zeichnen ist bloß Zeitvertreib!
Backen musst du, Lotte! Backen!
Zeichenkasper:
Quatsch! Das ist doch echt zu brav!
Klassefrauen schießen scharf!
Pflastern Deinen Weg auch Leichnen –
zeichnen sollst Du, Lotte, zeichnen!
2. Rang, linke Seite, Mitte
Hallo?
Hallo? Ist da jemand? Was? … Also, ich wollte nur kurz schreiben, dass es mir ziemlich egal ist, ob … da ist doch jemand! Hallo? … also, es ist mir ziemlich schnuppe, ob das hier jemand liest. Ich habe mittlerweile gelernt, … Was? Hallo? Ist das wer? Da ist doch wer!? … also ich habe ganz gut gelernt, mit der Einsamkeit zu leben … Hallo? …
Vom espressiven Zwangscharakter
Für ein hier nicht anwesendes Bild
Steile These
Stets macht Onkel Onkelsachen!
Nie macht er was stinknormales
oder etwas „nur banales“ –
ständig gibt es Wehs und Achen!
Beispiel: Statt still zu verplüschen,
stapft der Onkel in den Garten.
Will den Winter nicht erwarten,
rupft im voraus schon an Büschen.
Alles muss man dreimal sagen:
Nein! Nein! Nein! Weg von den Blüten!
Doch es lässt sich nicht verhüten,
Onkel lässt mich stark verzagen.
Wieviel schöner, eleganter,
wären da doch, denk ich, Tanten:
würdevolle Glücksgaranten,
gartenstiller, blümeranter.