Schlagwort-Archive: Gedicht

FÜR EIN HIER NICHT ANWESENDES BILD

Das Türblatt ist kaum mehr als eine Raute
Ein doppelt Schloss schützt eisern jenen Bau
Des Nebels Dunst erreicht schon den Verhau
Im Bild hier herrscht rein menschenmäßig Flaute

Von irgendwo klingt leis verspielt „Miau“
Es rührt ans feierabendlich Vertraute
Zwei Bier, dann schießt die Einsamkeit ins Kraute
Der Tag rutscht ab, die Luft wird blass und lau

Wer kann, ergänzt es zum Sonett.

Das zugehörige Bild gibt’s hier.

Tja.

Kuckuck, Sperber, Wonderbra,
alle sind schon wieder da
aus dem warmen Süden.

Flogen mit Tatütata
hurtig raus aus Afrika
ohne zu ermüden.

Stehen jetzt ein wenig krumm
nass im kalten Wind herum,
tropfen vom Gefieder.

Schreiben ins Diarium:
Früher Vogel: ganz schön dumm.
Kommt, wir fliegen wieder!

Fräulein!

Schöne große Frau mit straffem hellem Zopf,
gehst mir seit Sekunden nicht mehr aus dem Kopf.

Schwarz ist deine Bluse, schwarz ist deine Hos,
weich dein Gang und Wehen, und sicher auch dein Schoß.

Voll klingt deine Stimme, voll ist dein Tablett.
Schwebst durch das Café, bringst mir ein Omelette.

Rouge auf deiner Wange, Schlaf in deinem Blick.
Ich schau leicht verzweifelt lieber nicht zurück.

Denn du missverstehst mich, völlig und komplett.
Wollte Cappuccino, wollte kein Omelette.

Tschüssi und Hallo

Er schluchzt und wimmert, heult, sein Körper zuckt.
Wir zucken mit und sagen tröstend: „Ach,
nichts ist für immer!“ Schau, wie er da guckt.
Fast werden ihm die Klapperbeinchen schwach.

Er greift zu Schal und Hut, jetzt wird es Zeit.
Er schüttelt jede Hand, sagt leis „Adé!“.
Wir halten eine Kleenexbox bereit.
Der Abschied tu ein ganz klein wenig weh.

Doch nur ein ganz klein wenig. Eigentlich
wolln wir den Arsch hier länger nicht mehr sehn.
Der Kerl nervt schon seit Wochen fürchterlich.
Jetzt nimmt er seinen Koffer und muss gehn.

Der Winter knöpft den Mantel zitternd zu.
Dann schleppt er sich zur Tür. Dann ist er futsch.
Wir schließen doppelt rum, wir schrein „Juchuu!“
und kreischend wünschen wir ihm „Guten Rutsch!“

Denn wir sind längst vom Nachfolger betört.
Uns lockt das nächste Jahreszeitenglück
mit Blümchenmuster, Vögeln, Muskelshirt:
Der Langeweiler Frühling kehrt zurück!

Wunderbar

Schatz, das muss ich dir noch sagen:
Mich muss man zum Küssen tragen.
Bin ich aber erstmal da,
küsse ich ganz wunderbar.

Küsste vor dir schon die Ute
und auch Veras Zuckerschnute.
Küsste hier und küsste da,
küsste stets ganz wunderbar.

Meine Zunge ist der Hammer,
ist ein Sensationsentflammer.
Sagt jedenfalls Barbara,
die ich küsste wunderbar.

Ähnliches spricht auch Annette
und das Fräulein, das im Bette
damals mit Malaria …
Ach, ich küsste wunderbar!

Könnte dir noch viel erzählen
von verträumten Kusschorälen.
Küsse wie Ambrosia –
alle fanden’s wunderbar.

Was, du willst mich nicht mehr küssen?
Willst du wirklich das vermissen?
Sind dir denn die Folgen klar?
Ja? Na klasse. Wunderbar!

Fragmentarisches

1
Kopfweh zerrt ihn aus den Kissen,
und dazu noch Weltenschmerz.
Melancholisch aufgewacht,
Nase läuft und Schädel kracht.
Was drückt schwerer auf sein Herz?
Glaub mir: Willst Du gar nicht wissen!

2
Zombielike im Nachtgewand,
schlottrig zitternd wie drei Aale.
Dick die Lider, heiß die Mandeln,
muss er durch die Wohnung wandeln:
Trotzig rotzende Spirale,
und dem Schwermut zugewandt.

3
Schlichtpoetisch alles klar:
Innen Grübeln, außen Schlottern.
Alles ist ihm Marginal.
Wirklichkeit, Du kannst ihn mal.
Zeichen für sein Seins-Verlottern:
Zuviel Sehnsuchtsinventar!

4
Die Synapsen Stahlbeton.
Auf den Schultern graue Lasten,
Weltentrückung, alter Zopf.
Knitterig die Haut, der Schopf.
Wollte mit den Andern hasten,
doch die hasten ihm davon.

5
Wenigstens für einen Tag,
wenigstens einmal für heute,
weiß er nichts vom Allgemeinen.
Lediglich mit sich im Reinen
ist er Wahnsinns fette Beute,
steigt er aus dem Menschenschlag.

Dumm quatscht gut

Er ist als Chef von einem Haufen Nieten
der allergrößte Philosoph per se.
Bei ihm sind scharfe Theorien Armee –
und jede explosiv wie Dynamiten.

Er spricht stets Wahrheit, tut es uns auch weh.
Er liest uns knochentrocken die Leviten:
„Man kann die Dummheit einfach nicht verbieten.“
Nur deshalb gibt es noch die FDP.

Obwohl er selbst schon oft darüber grollte:
Die Hauptschüler-Partei trifft kein Verbot,
die FDP scheint wie das Gottgewollte.

Drum steht als V-Mann er in Lohn und Brot,
quält die Partei von innen zur Revolte.
Er tut das, was er kann: Er quatscht sie tot.

Dann

Wenn Mutti ihren Rosenkranz
so streichelt wie im Traum Herrn Lanz;
wenn Vati still den Dackel segnet
und der ihm heilig „Wuff!“ entgegnet …

Wenn sich der Fisch von selbst vermehrt,
weil sich ein Protestant bekehrt;
wenn Weihwasser nach Rotwein schmeckt,
der Ministrant am Pastor schleckt …

Wenn so die Katholikenwelt
zum besten also ist bestellt;
wenn Chorgesang ins Hochoktav
sich steigert drüben im Konklav …

Wenn jeder alte Kardinal
so hart und steif wie Schwedenstahl
aufs Wunschergebnis intrigiert
und heimlich schon den Ring probiert …

Wenn Gläubige sich tief verneigen
und sehnsuchtsvoll zum Fernseh zeigen,
wo weißer Rauch im Schonstein quillt
und sich ihr Aug’ mit Tränen füllt …

Wenn dann der olle heilge Geist
dazu noch seinen Haufen scheißt;
wenn wer in rote Schühchen schlüpft,
gar lustig seinen Petzel lüpft
und dazu vom Balkon krakeelt –

dann wurde wohl ein Papst gewählt.