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Mucho!

(ein zweiter Versuch, mit zusätzlicher Variante)

»Bésame!« klangs von der Gondel.
»Bésame!« sang der Tenor.
»Bésame!« sang dann auch ich.
Doch Freund T. ist jetzt davor:

»Bésame!« will er nicht singen.
»Bésame!« will er nicht hörn.
»Bésame!« darf ich nicht summen.
Der Schlagermist würd’ ihn nur störn.

»Bésame!« Romantikmüll!
»Bésame!« Das ist doch Scheiß!!
»Bésame!« Jetzt hör halt auf!!!
Auf der Stirn steht kalter Schweiß.

»Bésa…!« Unter Folter nicht!!
Tät’s nicht singen, wenn ich müsst!!!
Tja, wenn er partout nicht will –
bleibt er eben ungeküsst.

Da ist diese Frau

Da ist diese Frau, mit der ich rumbändel.
Wir fahren gemeinsam bald in die Provence.
Im Frühsommer. Denn dann blüht dort der Lavendel.
Und wir blühn dann auch. Ach, was für eine Chance!

Da ist diese Frau, die macht mich betrunken.
Sie lacht mir und zwinkert mir zu als Avance.
Wenn wir uns berühren, dann schlagen die Funken.
Berührn wir uns also! Scheiß auf Contenance!

Da ist diese Frau, in die ich verliebt bin.
Ganz locker und leicht und mit viel Nonchalance.
Und weil ich bei ihr ja genauso beliebt bin,
ist dieses Verliebtsein mir wie Renaissance

von allem, was gut ist und schön und auch wahr,
in fast jeder Hinsicht, fast jeder Nuance.
So bleibt mir nur eins noch zu sagen, und zwar:
Da ist diese Frau – und ich schreib mich in Trance.

Wenn je. Dann.

Wenn je mir Leben Gutes präsentierte;
Wenn Sehnsucht je mich stark gemacht;
Wenn ich was Schönes je gedacht;
Wenn jemals ich ins Licht spazierte;

Wenn mir je schwindlig war vor Pracht;
Wenn jemals Amor mich umschwirrte;
Wenn flatternd er mich je verwirrte;
Wenn überhaupt ich mich mit Macht

je fragte: Bist Du glücklich heute? Sag!
Dann wohl im Jetzt und auch im Hier.
Dann sicher heut an diesem Tag,

ganz fest und glücklich klar mit mir
und – das ist sicher, ohne Frag,
wie’s Amen in der Kirche – Dir.

Die Nachtigall. Nicht die Lerche!

Tunnel schwitzt uns aus den Alpen
Endlich raus aus Weh und Krach
Rotzt uns in das weite Tal
Fels steigt hoch und Wein wächst flach

Kinderberge vor Verona
Rund und niedrig, ziemlich mau
Mittendrin hält unser Zug
Bahnhof leer und Magen flau.

Alles voller junger Leute
Pfadfindergebrumm-Exzess
Werd des Wahnsinns fette Beute:
Hier fährt Orient-Express

Oh Verona oh Verona
Shakespeare-Märchen mit Balkon
Tourischleuder ohnegleichen
Norditaliens Lampignon

Oh Arena oh Arena
Mittendrin statt nur dabei
Arschloch dieser kleinen Stadt
Filmkulisse, einwandfrei

Wenn ich’s könnte

Ach Liebste, an dir wär soviel noch zu loben.
Dich gänzlich zu fassen find ich nicht den Kniff.
Von hinten bis vorne, von unten bis oben –
mir bleiben nur Worte, mir fehlt der Begriff.

Zum Beispiel: Die Drehung, wenn du deine Mähne
zurückwirfst und lächelst, und dann da dein Mund
der breit ist und schmal und voll zuckriger Zähne
und drinnen die Zunge, die samten ist, und

dann hier deine Arme, die klar mich umschlingen:
So gleichzeitig drängend und sanft ist Dein Griff.
Ach Liebste, könnt ich das nur halbwegs besingen –
denn wie ich’s auch schreibe: Stets fehlt da der Pfiff.

So ist mir, will ich dich bedichten, oft bange.
Ich komme an deinen Leib sprachlich nicht ran.
Zum Beispiel: dein Haar dort, das kurze und lange
das dunkle und leichte. Der Flaum auch, der dann

als Strich wie ein Urwald, als Strichlein wie Lunten,
und gegen den Strich als ein wiesiger Teppich,
sich fortschreibt am Körper von oben bis unten …
… Schau! Wieder nur Worte, die flackerhaft bunten!
Doch schrieb ich sie nicht – was wäre ein Depp ich.

Aus dem Kalender

Das Krächzen am Himmel wird lauter und leiser,
gemächlich zieht Kreise ein Schwarm dunkler Stare.
Gemahnen mich wohl an das Gute und Wahre.
Die krächzen sich sicher nicht sinnlos hier heiser.

Der Star hat als jährlicher Winterverreiser
ja vieles gesehen von der Welt. Ich erfahre
von ihm sicher Neues. Mit seiner Fanfare
erreicht er mein Herz und macht mich so gleich weiser:

Krächz krächz krächz!

Aut idem

Es stärkt die Lebenskraft und ist sehr nett,
hilft nebenbei die Seele weiten,
wenn ähnlich sich der Jahreszeiten
ein Wechsel einstellt auch im Bett.

Es schärft die Sinne, wenn man sich beizeiten
orientiert zum Neu-Duett.
Jedwede Dame scheint dafür adrett:
die doofen und auch die gescheiten.

Schnutzpiepegal! Man darf frohlocken.
Denn einer jeden sind so mannigfaltig tief
und allerschönst Genüsse zu entlocken.

Man lernt von einer das, und dies von jener.
Und überhaupt: wer viel mit vielen schlief
schläft auch viel tiefer und bleibt homogener.