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Winterzeit, schöne Zeit

Jede siebente Minute
küss ich ihre süße Schnute
und zu jeder dritten Stunde
küss ich ihre kleine runde
Madeleine.

Immer abends um halb neune
wenn ich um ihr Bettchen streune
denke ich: Jetzt gleich gehts rund
und dann küss ich ihren Mund
und die Zeh’n.

Und kaum fünf Minuten später
denk ich: »Ich brauch Sanitäter!
Mensch, das wird ja immer bunter.«
Und dann treiben wir es munter.
So kann’s geh’n.

Rumturumturum

Ich fahr nach Ulan Bator und komme nicht zurück.
Ich bleib bei den Mongolen und mache dort mein Glück.
Ich trinke morgens Yakmilch und abends dreizehn Bier –
und wenn mir das zu öd wird, bin ich gleich wieder hier

Fiderallala fiderallala ,
rumturumturum!

Ich reise bald gen Peking, und bleib für immer da.
Ich lebe dort und wohne bei meinem Großpapa.
Der ist schon lang dort Kaiser und kennt sich prima aus –
und wenn das hier gelogen ist, kehr ich zurück nach Haus

Fidelallala fidelallala,
lumtulumtulum!

Der nächste Sommer führt mich tief in die Walachei.
Dort sitz und meditier ich und schlürfe warmen Brei.
Erst schlafen meine Füß, dann meine Arme ein –
dann ist es auch schon Zeit, gleich wieder hier zu sein

Widerallala widerallala,
Wumtuwumtuwum

Wandrersegen nach Olle Goethe

Die Wanderjahre sind nun angetreten.
Das Herz des jungen Wandrers ist recht bänglich.
So wendet er, sobald der Pfad verfänglich,
den Blick vom Wege fort. Nicht um zu beten,

nein nein, er schaut, wenn Schwierigkeiten warten
ins eigne Herz, und in das Herz der Lieben.
Wenn ernst es wird, wenn Nebel ihn umtrüben,
blickt er in sich – statt raus in Gottes Garten.

So kommt es, dass er immer immer wieder
voll auf die Fresse fällt, der dumme Wandrer.
Und liegt er erst am Boden ganz darnierder,

da wünscht er sich, er wär ein gänzlich andrer,
der umsichtiger schaut, nicht senkt die Lider.
Dann aber wär er nicht der dumme Wandrer.

Simples Rezept

Was mich für dich einnimmt, sind die Worte:
»Morgen gibt es wieder lecker Torte!«

Loben will ich dich und tüchtig hudeln
für den Satz: »Schau, Schatz, ich mach dir Nudeln!«

Hör ich das und find sie nicht, gibts Tote:
»In der Tasche sind belegte Brote!«

Dieser Ruf muss mich nicht lange suchen:
»Hasi, willst du noch ein Stückchen Kuchen?«

Doch ich dreh mich um und geh für immer
wenn ich höre: »Kochen tu ich nimmer!«

Sexuell werd ich zum Sublimaten,
wenn du schwörst: »Ich mach nie wieder Braten.«

Greif sogar zum Messer, dem verhassten,
wenn du sprichst: »Du wolltest doch mal fasten.«

Und ich ziehe fort aus deinen Städten,
sagst du: »Lass uns endlich mal diäten!«

Drum, willst du mich halten – zu dem Zwecke
sag zu mir: »Ich deck Dir zwei Gedecke!«

Schnurren werd ich wie ein kleines Kätzchen,
wenn du säuselst: »Ich back noch mehr Plätzchen!«

Liege weiter bei Dir wie ein Hündchen,
hör ich: »Da passt doch noch mehr ins Mündchen!«

Tüchtig lieben will ich dich, statt hassen,
wenn du rufst: »Los! Kalorien prassen!«

Andersrum gesagt: Ich kann versprechen,
solang du kochst, werd ich nicht mit dir brechen.

Liebe muss in meinem Magen reifen –
ach, ich bin schon einfach zu begreifen!

Vom Abschied

Burgund trägt den ganzen Tag Trauer.
Die Rinder verfärben sich grau.
Der Wein wird ahoibrausesauer.
Die Herbstsonne scheint nur noch lau.

Den Gastgebern schwimmen die Augen.
Der Weinbauer rauft sich den Schopf.
Der Kir Royal will nicht mehr taugen.
Hotelpagen schütteln den Kopf.

Pinot-Reben werden Rosinen.
Die Berghänge legen sich hin.
Der Chardonnay schmeckt nur noch Bienen.
Der Senf macht jetzt nie wieder Sinn.

Franzosen sehn rauchend zu Boden.
Pastissegläser springen vom Tisch.
Cafés sind nur noch Episoden.
Das Licht ist jetzt unmalerisch.

Denn heute, Burgund, trotz Protesten,
fahrn wie wieder heim. Gleich um zehn.
Dein Osten, Dein Süden, Dein Westen
warn toll. Doch jetzt müssen wir gehn.

Das Auto hat Wind in den Haaren.
Sie links und ich rechts vornedrin.
Burgund, hör! Auch wenn wir jetzt fahren:
Hier kommen wir bald wieder hin.

Da lächeln ganz sanft alle Rinder.
Da richten die Reben sich auf.
Da wischen sich Mütter und Kinder
die Tränen fort und atmen auf.

Sie wissen, wir sind nicht verloren.
Sie wissen, wir kehren zurück.
Sie wissen, dass wir sie erkoren
zum großen Stück vom kleinen Glück.

An apple a day

So wie der Apfel, wenn er mal geschält,
schnell Scheisse aussieht, irgendwie nicht gut,
ist dies Gedicht. Weil es gar nichts erzählt
und also komplett epikfrei so tut

als seis eins, nur weil es sich hinten reimt
und Zeilen hat, die unternander stehn
und zueinander passen, mal besser und mal lustloser verleimt.
Es sagt sich ganz brav auf – und kann dann wieder gehn.

Street Photography 02

Da gibt es die einen:
Der Mann führt die Frau aus, die Frau ihre Brille.
Er bleibt zum Gespräch stehen, sie etwas dahinter
und bleckt ihre Zähne. Er ist es, der redet,
sie schweigt hinter Lächeln. Dann dreht er sich um
und nimmt sie brav mit.

Da gibt es die andern:
Sie gehn beieinander, verwoben die Händchen,
im schlendernden Schlappgang. Nicht er, sondern beide
schaun achtsam ein Haus an. Sie sehen nicht gleich aus,
das sieht ihnen ähnlich. Sie holen sich Kuchen
und gehn dann ums Eck.

Da gibt es die dritten:
Die sitzen alleine und schaun auf die andern
und sehen sich an.

Winterabend

Die Frau geht alleine vom Tanzfest nach Hause.
Der Mann schaut vom Fenster voll Sehnsucht ihr nach.
Das ging in die Hose. Die ganze große Sause
war das nicht geworden. Verlustreiche Schmach.

Die Frau geht im Schnee, schon ganz nass sind die Schuhe.
Ihr ist viel zu kalt. Besser als viel zu warm,
wie eben beim Tanz mit dem Mann. Sein Getue
das war ihr zu wild, zu stark fasste sein Arm.

Der Mann steht noch dort, die Musik spielt noch weiter.
Er grämt nicht mehr, seine Gedanken sind müd.
Das Fenster ist ihm wie ein Spiegel. Fast heiter
trinkt er noch ein Spätbier, bevor er verglüht.

Die Frau legt die Schlüssel auf ihre Kommode,
streift Jacke ab, Schuhe, den Abend und das
Geflirte des Tanzfests, die Mann-Episode.
Sie öffnet ihr Haarband, sie lächelt sich was.

Der Mann rollt die Ärmel vom Hemd wieder runter,
er greift sich sein Jackstück, nickt rum, und er geht
im Dunkel nach Hause, wird langsam ganz munter.
Die Sehnsucht verliert sich, vom Winter verweht.

Street Photography 01

Sie gleitet durch die Stadt mit leisem Ticken.
Ihr Lachen schneidet scharf wie ein Florett.
Sie schwirrt herum mit Hand, Gesicht und Blicken –
ein wunderschönes Mädchen mit Tourette.

Sie geht zusammen mit fünf andren Mädchen.
Ein Shoppingnachmittag von A bis Zett.
Sie hampelt sich durch Shops und kleine Lädchen –
ein wunderschönes Mädchen mit Tourette.

Sie geht nicht gradeaus, sie geht in Schleifen.
Die Arme zucken manchmal im Duett.
Die Welt ist dazu da, sie zu umgreifen –
ein wunderschönes Mädchen mit Tourette.

Ich bleibe stehn mit offnem Mund und staune.
Erwische mich beim Denken: Lazarett.
Sie geht an mir vorbei mit guter Laune –
das wunderschöne Mädchen mit Tourette.