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Kleines Frühstück »Distichon«

Ist das am Brötchen da Schimmel? Wächst dort schon seitlich der Grünspan?
Drück ich ne Beule herein, stülpt sie sich nicht mehr zurück.
Kann mir der Käse noch schmecken? Lassen sich Scheiben noch trennen?
Ach jetzt fällt er mir hin. Zerbricht in tausende Stück.

Erstmal ein Ei in die Pfanne. Ganz hinten liegt es im Kühlschrank.
Kommt mir entgegen gerollt. Ich höre leises Gack-Gack.
Der Joghurt riecht komisch, wie Maggi. Das Maggie riecht süßlich wie Bonbon.
Das ist mir jetzt schon egal. Sensorisch bin ich ein Wrack.

Bitter begrüßt mich der Kaffee. Ist das die Tasse von gestern?
Wenn ich genauer hinseh, klebt dort am Boden ein Tier.
Gestern gings schon ohne Essen. Wird wohl auch heute nichts werden.
Weil mir der Magen knurrt, öffne ich erstmal ein Bier.

Aus den Rabatten

Die Orchidée ist Teufelwerk. Sex ist ihr Interesse.
Im Frühling ist sie Bienenmännchens Saisonalmätresse.

Sie färbt sich ein wie Bienenarsch, sie lüftet ihre Stempel.
Belügt vollrohr den ganzen Schwarm: sie sei ein Vögeltempel.

Ihr Duft ist dicker Bienenduft. Ihr Stengel kerzengrade.
Die Typen sind besinnungslos. Sie nimmt sie ohne Gnade.

Sie gibt sich hin, sie macht sich frei. Sie stöhnt unter der Last
der Brummitypen. Die sind viel. Bespringen sie mit Hast.

Schnell drauf und weg. Der Spaß ist kurz für Orchidée und Bienen.
Beim Abflug schlingern alle Mann wie sturmreife Ruinen.

Die Typen raffens nicht. Wie immer! Sie werden ausgenutzt.
Mit Strass und Tand. He, Bienen! Hört: »Die ist bloß aufgeputzt!

Es ist nur Farbe, die euch lockt, ins bunte Separée.
Ihr dummen doofen Bienen ihr. Sie ist bloß: Orchidée!«

Sachs Torpedo

Fragte man den feschen Gunther,
wie er zum Geld steht, wurd’ er munter:
»Viel muss es sein. Nicht diese Enge
des Wenigen. Es macht die Menge!«

Was ist am Geld, das wirklich zählt?
»Das Viele ist’s! Das Wenige quält.«
Was aber macht den Unterschied?
Er lächelte, als er verriet:

»Schau: Du bist arm und hast nicht viel,
so mangelt’s Dir an Sex-Appeal.
Ich jedoch bin reich und munter.
Drum bin ich auch der fesche Gunther.«

So sprach er, bis er nicht mehr sprach.
Seit kurzem liegt er gänzlich brach.
Ein wenig fehlt er mir mitunter.
Es hat sich ausgefescht beim Gunther.

Three Kings

Sie sind echte Kerle, sie reiten zu dritt.
Wo immer sie hingehn, gehn Goldkettchen mit.
Ob Weihrauch, ob Shisha, sie ziehen sich’s rein.
Im Morgengraun woll’n sie in Betlehem sein.

Sie nennen sich Achmed, Hilal und Khalid.
DolceGabana ist für sie der Hit.
Kamele getunt, Klamotten zu bunt.
Der Background der drei: Migrationshintergrund.

Arme voll Tattoos, Haargel wie Butter.
Zum Jesuskind wolln sie und zu seiner Mutter.
Josef wird cool sein, Maria kein Luder.
Wenn’s Ärger gibt, dann holt Khalid „seine Bruder“.

Sie sprechen zwei Sprachen. Und keine so richtig.
Wohin sie der Stern führt, ist gar nicht so wichtig:
In diesen Klamotten kommen die drei
an Betlehems Türsteher eh nicht vorbei.

Wehmütiges Glück

Das sind zwei scharfe Schwestern: Stereo und Mono.
Sie leben alle beide bei mir in meinem Phono.

Mal lausche ich der einen, mal höre ich die zweite.
Und jede Schwester zeigt sich dann von der besten Seite.

Stereo ist dramatisch. Viel größer – und auch runder.
Wenn sie ganz um mich rum ist, dann ist es wie ein Wunder.

Mono ist hingegen sehr viel direkter, klarer.
Sie ist zwar sehr zerbrechlich, doch geradeaus und wahrer.

Mit beiden bin ich glücklich. Nie kann es schöner sein
Und doch ist da ein Schatten, der liegt über uns drei’n.

Denn wie ich sie auch bitte, eins machen sie nicht mit.
So sehr ich es auch wünsche: Nie machen wir’s zu dritt.

Nur eine von den beiden, ob Stereo, ob Mono,
will jeweils mich umschwärmen. Nie tun sie’s unisono.

Sie sind da kategorisch. Und kommen separat
alleine stets zu mir vor meinen HiFi-Apparat

Fließt mir auch eine Träne – ich weiß: es ist all right!
Ich füge mich den Schwestern. Treffe eine nur zur Zeit.

Denn bei allem Verlangen nach einem Dreier-Stück
weiß ich doch um mein Mono- und um mein Stereo-Glück.

Kleine Inselkunde

Wo vergraben Götterboten
ihre halbverwesten Toten?
Wo besaufen dann die Boten
sich mit trocknem, alten Roten?
Wo ist diesen Götterboten
das Fahrn mit flotten Motorbooten
trotzdem offiziell verboten?
Auf den Lofoten,
auf den Lofoten.

Wohin soll mit Schmuggelwaren
der Schmuggler jeden Mittwoch fahren?
Wohin ziehts die Schmuggelwaren,
wenn im Winter sie sich paaren?
Wo betrinken sich die Waren
– außer auf den Balearen –
unverzollt mit hartem Klaren?
Auf den Kanaren,
auf den Kanaren.

To be continued

Mode geht seltsame Wege.
Die Saison stellt Regeln auf.
Geschmäcker kommen ins Gehege.
Und fashion victims häufen sich zuhauf.

Fahle Buntheit allerorten.
Das Gegenteil von Augenschmaus.
Der Himmel öffnet seine Pforten
und lässt statt Regen dumme Farben aus.

Zum Beispiel die von altem Käse.
Und die der Avocadonuss.
Sieht fast wie Lehm aus, wie Gewese.
Farbtechnisch bleibt der Mensch Homunkulus.