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Der schon wieder

Der große alte Faun der Liebe
bekam am letzten Sonntag Hiebe.
Es wurde ihm mit großen Klauen
recht kräftig vor das Maul gehauen.

Warum? Nun, dieser alte Faun
hatte gleich mehreren der Frauen
in seinem Umfeld wohl versprochen
die Ehe – und ihr Herz gebrochen.

Es ging ein Weinen und ein Klagen
durch Stadt und Land und ein Verzagen,
als man begriff: Der böse Faun
hatte enttäuscht der Frau’n Vertrauen.

Das hat dann schließlich 14 Herren
erbost. Sie fingen an zu zerren
und auch zu reißen an dem Faun,
um ihn dann kräftig zu verhaun.

Man schlug, man trat, man brüllte Böses
man hieß ihn viel unseriöses.
Und nach dem Kampf waren die Fraun
befriedigt und der Faun ein Clown.

Er lag drei Tage intensiv
– noch immer sitzt ein Horn ganz schief.
Die nächste Zeit wird er wohl schaun,
dass er sich fortmacht – übern Zaun.

Drum Menschen, achtet die Versprechen!
Ihr sollt keins geben und keins brechen.
Sonst, darauf könnt ihr wohl vertrau’n
wird es euch gehen wie dem Faun.

Zwei Herren

Zwei Herren sitzen auf der Bank,
schön ins Gespräch vertieft.
Dieser gelockt, jener ganz blank,
sind beide – und das ist verbrieft –

Experten für die große Sause,
für grüne Hemden, Künstlerschal.
Für alles, was ein Kunstbanause
doof findet, blöde und banal.

Den beiden ist, sowohl dem kahlen
als auch dem lockigen, bewußt:
Willst du Dich bei den Künsten ahlen
dann merke Dir: Du mußt

erstens die Ausstellung besuchen,
zweitens dabei gut aussehn,
drittens etwas Sekt nachbuchen,
viertens was von Kunst verstehn.

Fünftens mußt Du eloquent
durch Sonnenbrillen schauen,
und dadurch quasi-prominent
Verzückung schaffen bei den Frauen.

Und nicht zuletzt: Es ist vollkommen
die Ausstellung, wenn ohne Zank
Du im Gespräch bleibst, leicht benommen,
wie die zwei Herren auf der Bank.

Nehmt Wadenfreiheit, Sire! Bitte!

»Die Welt ist wieder ganz jetzt mein!«
»Das Warme hebt das Kalte auf!«
»Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.«
Selten hört man im Jahreslauf
so schwatzhaft blödes Blablabla,
als wenn es Lenz wird. Sonderbar.

Klar: Vögel fangen an zu lärmen,
Der Himmel bläut fast wolkenlos.
Der Mensch jedoch, statt still zu schwärmen,
macht Krach und Farbigkeit. Famos,
wie falsch er in der Welt rumsteht,
wenn Südwind kommt und Winter geht.

Die Leutchen werden dann poetisch
und blöd und regressiv und bunt.
Das Gegenteil ist, von ästhetisch,
der Frühlingsmensch. Die Frauen und
so ziemlich jeder Mann auch irrt
sich im Geschmack, wenn’s Frühling wird.

Sandalen wachsen an den Füßen,
gleich mit dem ersten Sonnenstrahl.
Die Beinfreiheit lässt jeden büßen,
der sie besehen muss. Aschfahl
sind Wade, Knöchel und das Knie.
Schön war des Winters Jalousie.

Das Muskel-T-Shirt bricht sich Bahn
ab zweistelliger Tempratur.
Und gleich dem jungen Aga Khan
trägt jeder Cabriofrisur,
der eine Sonnenbrille hat.
Das setzt den stärksten Frühling matt.

Der Ranzen spannt unter dem Hemd
Egal! Jetzt heißt es: Raus damit!
Nicht ist dem Frühlingsmenschen fremd,
solang es kindisch wirkt und fit.
Bunt muss es sein und musterdoof.
Frühling ist Geistes-Apostroph.

Hier seid Ihr Mensch, hier dürft Ihr’s sein.
Auch, wenn es zum Erschießen ist:
Ich nehm Euch hin, Ihr Frühlingspein,
bis es dann endlich Sommer ist.
Denn eines weiß ich sicher: Hinter
dem nächsten Herbst wird’s wieder Winter.

Einkauf

Bei Lidl gibt’s die Tütenwurst
für einen Euro zehn.
Bei Plus hat man den Taschenfisch
schon für eins fünf gesehn.

Der schimmernd goldne Silberpilz
wird für eins neunzig mein,
den Schinken aus Nirostastahl
leg ich ins Körbchen rein.

Das Laubholz-Ei der Klasse eins
geht runter wie geschmiert
Geschmacksfeinheit von höchster Art
hat auch das Dosenbrot studiert.

Das Hartholzhühnchen taut schon auf,
ich muss nun wacker heim.
Der Adiletten-Braten ruft!
Ich brauch noch Gurkenschleim!

Der Steinkohl-Käse leuchtet bunt
bei Aldi und bei PLUS.
Den nehme ich jetzt auch noch mit,
dann ist hier aber Schluss.

Versteh doch

Ich kann nicht länger bleiben
bei Dir, Du schönes Kind.
Ich muss Gedichte schreiben,
die sonst verloren sind:

Eins über Tütenwurst mit Spargel
Eins über Mindestlohn bei PLUS
Eins übers Hämmern ohne Nagel
Eins über den Homunkulus

Dann eins vom falschen Sein im Guten
Ein kleines noch zum Zinsertrag
Und eins vom Blasen und vom Tuten
Eins, vielleicht zwei, vom Donnerstag

Und eins zum Großen und zum Ganzen
Und eins, zwei, drei vom Sternekoch
Ein letztes noch zum Hasenpflanzen
Mein liebes Kind, versteh mich doch:

Ich kann nicht bei Dir bleiben.
Denn wer jetzt bei Dir bleibt,
wird nie Gedichte schreiben,
die niemand sonst je schreibt.

Lebenshilfe, italienisch

Zerhauts den Doktor Dir in Jura,
nicht verzweifeln! Weiter gehts!
Trag statt des Huts den Doofmann-Fez
mit einer Portion Sprezzatura.

Ist die Mama stets azzurra,
und der Papa immer blau,
mach Dir Schnaps auf. Und vertrau
auf die Lösung: Sprezzatura!

Hat Deine Ehe nicht Futura?
Zeigt die Frau nichtmehr Begier?
Die Kinder kommen nicht nach Dir?
Scheissegal! Dank Sprezzatura.

Fällt der Bub durch die Matura,
kommt die Tochter nicht nach Haus,
mach nicht gleich ein Drama draus!
Sondern greif zur Sprezzatura.

Tickts und rauschts in der Natura,
ist wohl Plutonium im Spiel.
Doch Ausstrahlung hat Sex-Appeal,
bedenke dies. Zeig Sprezzatura!

Bist Du Leutnant, wie Uhura
und im Krieg unter Beschuss,
sei schön tapfer. Und mach Schluss
mit nem Lächeln: Sprezzatura!

What a difference a day makes

Im Dunkel putzen Fensterputzer Fenster.
Ein Mann schleicht flaschensuchend durch die Stadt.
Dies wird ein Tag für Geister und Gespenster.
Dies wird kein Tag für den, der Dich gefunden hat.

Der Postmann klingelt zweimal und geht weiter.
Von DHL gibt’s heute kein Paket.
Dies wird ein Tag, ein ganz vermaledeiter.
Dies wird kein Tag, an dem etwas zusammen geht.

Zu Mittag ess ich Brote und Banane.
Dann klingelt noch zweimal das Telefon.
Dies ist ein Tag, an dem ich zögernd ahne:
Dies ist kein Tag wie gelb-grün-süßes Lutschbonbon.

Am Ende vom Bürotag geht’s nach Hause.
Die Tasche ist so leer wie heute früh.
Dies ist ein Tag wie Hitzefrei mit Pause.
Dies ist kein Tag ohne vergeb’ne Liebes-Müh.

Der Abend kommt heut früher noch als gestern.
Das Essen ist nicht warm – nur aufgewärmt.
Dies war ein Tag wie müder Wilder Western.
Dies war kein Tag, der mich wie Pulliwolle wärmt.

Der Fernseh sieht mich an wie mattes Fenster.
Der Nachtwein schmeckt blassviolett und matt.
Dies war ein Tag für Geister und Gespenster.
Dies war kein Tag für den, der Dich gefunden hat.

Weiter im Schema nach T

Venedig Venedig
Du Stadt an der Wolga,
du stets falsche Gute.
Du fehlst mir so sehr.

Ich weiß nicht mehr, wer
mir von dir, alte Pute,
erzählt hat – die Olga?
Venedig Venedig

Venedig Venedig
du Pfahlbau, du alter.
Wie herrlich du dastehst
– jetzt noch jedenfalls.

Gedenk des Krawalls
wenn du ganz von uns fortgehst,
weil du fällst wie ein Falter.
Venedig Venedig

Venedig Venedig
Du pure, du reine.
Jetzt mach doch mal hinne.
Es ist doch nicht schwer.

Du machst doch was her!
Ganz in diesem Sinne:
Du kommst auf die Beine!
Venedig Venedig